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Hymne auf den Standort Deutschland

Der Rüsselsheimer Opel-Boß David J. Herman setzt auf Wirtschaftsfaktoren wie Qualität und eine solide Geldpolitik  ■ Aus Frankfurt/Main Klaus-Peter Klingelschmitt

Ausnahmsweise ein Topmanager in Deutschland, der sich der anhaltenden Larmoyanz über den Standort Deutschland in den Vorstandsetagen (fast) aller Konzerne verweigert: Der US-Amerikaner David J. Herman, Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG in Rüsselsheim und Vizepräsident von General Motors (GM) Corporation Detroit (USA), sang kürzlich in Frankfurt wahre Lobeshymnen auf den Standort Deutschland. Die Geldpolitik sei solide, die politischen Verhältnisse stabil, die Infrastruktur vorbildlich, die Qualität der Produktion „auf einem hohen Niveau“. Und wenn jetzt noch die geplante Steuerreform durchgezogen werde, sei dies zusätzlich eine deutliche Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.

„Deutschland ist auf dem richtigen Weg“, sagte Herman. Und er ist „stolz darauf“, daß sein Unternehmen „mit umfangreichen Investitionen in Deutschland“ seinen Beitrag dazu geleistet habe. Tatsächlich hat Opel in den vergangenen drei Jahren für die „Restrukturierung“ der bestehenden Produktionsstandorte in Rüsselsheim, Bochum und Kaiserslautern rund 5,8 Milliarden Mark investiert. Damit sei auch die „Zeit der Entlassungen“ bei Opel vorbei. Im Gegenteil: Man werde „in begrenztem Umfang“ sogar wieder Leute einstellen. Gerade im Stammwerk in Rüsselsheim wird heftig gewerkelt; die Belegschaft räumt die alten Fabrikgebäude in der City. An der Peripherie der Stadt entsteht im Gegenzug der hypermoderne Think-Trust von Opel für die Produktion von Fahrzeugen weltweit – und speziell für Europa. In Rüsselsheim sollen alle Fäden zusammenlaufen: Forschung und Entwicklung, Service und Verkauf, Zulieferung, Joint-ventures und Kooperationen mit Fremdfirmen; wie etwa mit Suzuki bei der Entwicklung eines neuen Kleinwagens für den europäischen Markt. Produziert wird am Standort Rüsselsheim allerdings auch: etwa der Cadillac Catera für den Export.

Doch für die Arbeiter im Blaumann wird es eng werden: In den bereits existierenden Opel-Automobilfabriken und -Montagewerken der neuen Generation mit der „höchsten Produktivitätsrate der Welt“ (Herman), wie etwa in Eisenach (Thüringen) oder Saragossa (Spanien), wird schneller und billiger produziert. Und Opel hat sich vorgenommen, überall dort Flagge zu zeigen, wo sich neue Absatzmärkte erschließen. Das spart Transport- und Transferkosten und bindet potentielle (nationale) Käuferschichten.

Auf den „Märkten der Zukunft“ hat Opel deshalb mehr als nur einen Fuß in der Tür. In Gliwice (Polen) sind die Arbeiten für die Errichtung eines Automobilwerkes für Osteuropa voll im Gange, das für eine Anfangskapazität von 70.000 Pkw pro Jahr konzipiert wurde. Auch in Thailand wurde im November 1996 der Grundstein für ein neues Werk gelegt, in dem ab 1999 bis zu 150.000 Opel im Jahr vom Band rollen sollen. In Shanghai entsteht im Rahmen eines Joint-venture das erste Opel-Werk auf chinesischem Boden, dem in Guangzhou ein Motorenwerk folgen soll. Auch in Rußland will Opel im Rahmen einer Kooperation mit Lada und Valmet (Finnland) an zwei Standorten demnächst Autos bauen.

Doch die Basis für alle Aktivitäten von Opel bleibe Deutschland, sagte Herman. Der 1946 in New York City geborene Politologe und Jurist (Harvard) hat deshalb das Angebot von Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) „gerne angenommen“, in den Aufsichtsrat der neugegründeten Gesellschaft für industrielle Entwicklung einzutreten. Die Gesellschaft soll ausländische Investoren für den Industriestandort Ostdeutschland gewinnen. Herman: „Dank der hervorragenden Erfahrungen, die Opel in Eisenach mit der dortigen Arbeitsorganisation und mit der Belegschaft gemacht hat, fällt es mir leicht, auch in anderen Wirtschaftszweigen Investoren zu ermutigen.“ Der US- Amerikaner Herman will „als aktiver Botschafter für den Industriestandort Deutschland werben.“ Das hat auch den Redakteuren der FAZ so gut gefallen, daß sie Herman in ihre Galerie der (sonntäglichen) Gutmenschen aufnahmen. Beispielhaft für deutsche Unternehmer sei das Bekenntnis zum Standort Deutschland.

Mit Blick auf die Bilanzpressekonferenz im Frühjahr erklärte der Vorstandsvorsitzende, daß Opel 1996 den Umsatz um 2,4 Milliarden Mark auf 28,3 Milliarden Mark habe steigern können. Das sei der zweitbeste Wert in der Geschichte des Unternehmens. Ursache dafür sei die deutlich gestiegene Nachfrage nach dem Modell Vectra und der erfolgreiche Export des Cadillac Catera. Opel bleibt damit Marktführer in Europa – und in Deutschland die Nummer zwei hinter VW.

Der Konflikt mit VW ist für Herman offenbar ausgestanden. Die 160 Millionen Mark von VW sind verbucht und werden 1997 bilanzwirksam. In Rüsselsheim hat sich auch der Betriebsrat zum Thema geäußert. Wenn das Geld von VW kommt, solle es zur Sicherung der Beschäftigung an den drei deutschen Produktionsstandorten von Opel genutzt werden.

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