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■ KulinarieBrezel zu kaufen

Von was ernähren sich Filmberichterstatter eigentlich? Der Profi braucht gar kein Essen. Er lebt von feinsten Nahrungspartikeln, die sich wie Krill in der abgestandenen Kinoluft anreichern (nach vier Stunden Delphi-Luft etwa ist er satt). „Ach, ich esse nur noch Salat“, sagt dagegen die Kollegin, die die Berlinale dieses Jahr zur Schlankheitskur nutzt.

Unsereiner irrt währenddessen wie ein ausgehungerter Hund rund um die Gedächtniskirche. Und freut sich über jeden Knochen, den man ihm zuwirft. Knochen aber gibt's kaum noch. Höchstens in den dick einpanierten Chicken Wings von KFC (Kentucky Fried Chicken), direkt gegenüber vom Cine Center. Aber da riecht es irgendwie merkwürdig.

Augen essen bekanntlich mit. Die beste Aussicht aufs Gewusel rund um den Zoo-Palast, hat man vom Chinesen im ersten Stock über Beate Uhse. Das ziemlich fade Enten-Essen spült man einfach mit grünem Tee und Berliner Kindl runter. Durch die Zimmerpalmen beobachtet man die falschparkenden Limousinen und versucht am Gesichtsausdruck der Leute abzulesen, ob sie erkennen, daß der eingezäunte Bagger vorm Kino nie baggert, sondern perfide Reklame für den Film „Das Leben ist eine Baustelle“ ist.

Ganz merkwürdig sind Baguette-Tage. Das erste kauft man morgens im U-Bahnhof Wittenbergplatz, am liebsten mit ölig triefendem Thunfisch. Im Kino dann Katjes-Kinder, Studentenfutter oder Schokolade. Auf dem Weg zum Delphi ein Stopp unter der Eisenbahnbrücke. Der nette Currywurstverkäufer kommt nie ins Kino, sagt er traurig. Nach dem Milchkaffe oder einem Grolsch im Delphi eine Schinkenlaugenstange vorm Filmpalast von einem fliegenden Händler. Brezel für den Notfall zukaufen. Macht beides auch nicht satt.

Also doch noch zum Mafia-Italiener gegenüber dem halb abgerissenen Kibek-Haus. Allein das Thai-Mädchen-Poster vor den Klotüren rechtfertigen die 9 DM für die Pizza Hawaii. Mit Tip-Kritikerinnen ißt man hier ein Tiramisu zu zweit, und alle beneiden einen. Wenn man dann nachts noch Hunger auf Baguette hat, holt man sich einfach eins am Bistro gegenüber vom Bahnhof Zoo. Die haben immer auf. Wenn die Berlinale zum doofen Potsdamer Platz zieht, gibts nur noch Salat.(ab)

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