■ Mit Italiens Eurobeitritt auf du und du: Eurosteuer genehmigt
Berlin (taz) – Ein schönes Wochenende für Italiens Ministerpräsident Romano Prodi: Gestern erklärte Eurostat, das Statistische Amt der Europäischen Union (EU), daß es nichts einzuwenden hat gegen Italiens Eurosteuer. Zum Erreichen der Maastricht-Kriterien darf Prodi nun wie geplant seinen Bürgern noch einmal direkt in die Taschen greifen. In diesem Jahr sollen die Italiener eine Sondersteuer – vergleichbar dem deutschen Solidarzuschlag – zahlen. Der Kabinettsbeschluß vom vergangenen September sieht vor, um die acht Prozent Lohnsteuer bis zum 31.12. 1997 extra einzutreiben.
Prodi hofft, damit sein Haushaltsdefizit für das für die Währungsunion entscheidende Jahr 1997 auf die vorgeschriebenen drei Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt zu senken. Ohne die Eurosteuer, schätzen Wirtschaftsexperten der EU- Kommission, wüchse das Defizit auf 3,6 Prozent. Eine Eurosteuer, begrenzt auf ein Jahr und nur zum Erfüllen der Maastricht-Kriterien, ist einmalig in Europa. Italiens Regierung geht sogar so weit, ihren Wählern listig die Rückzahlung der Steuer in den kommenden Jahren in Aussicht zu stellen.
„Eine Eurosteuer ist ehrlicher als die anderen“, kommentiert Westeuropaexperte Joachim Volz vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Alle erheben irgend was, um die Maastricht-Kriterien zu erfüllen, nennen es nur nicht beim Namen.“
Dabei sind auch andere Staaten durchaus kreativ im Finanzdoping für Maastricht: So läßt sich etwa Frankreich 37,5 Milliarden Franc von der staatseigenen France Télécom auf einen Schlag überweisen. Das Geld braucht die Regierung jedoch erst in den kommenden Jahrzehnten für Pensionszahlungen.
Die Eurosteuer-Erlaubnis ist ein wichtiger Erfolg für Prodi. Zuletzt war es Italien im November gelungen, nach vier Jahren wieder Mitglied im Europäischen Währungssystem zu werden und die Lira wieder fest mit der Mark zu vertäuen.
Doch ob die Steuer reicht, ist fraglich: Das DIW schätzt, daß Italien trotzdem 3,7 Prozent Defizit macht und damit das wichtigste Maastricht-Kriterium verfehlt. Die Bundesregierung fürchtet gar um ihre Wiederwahl, falls die als „Weichwährung“ verschrieene Lira in den Euro aufgeht. Doch die steht inzwischen selbst nicht mehr so gut da: Nach internen Schätzungen des DIW wird Deutschland dieses Jahr selbst ein Defizit von 3,4 Prozent machen. „Mehr noch als das umstrittene Spanien“, sagt Volz, „die liegen bei etwa 3,2 Prozent.“ Matthias Urbach
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