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Der lange Marsch der Alten Meister

■ Mit der Fertigstellung der Gemäldegalerie am Kulturforum beginnt der Umzug von 3.000 Bildern aus Dahlem und dem Bodemuseum. Werke sind ein Jahr nicht zu sehen. Aufgabe der dezentralen Standorte

Für die Liebhaber Alter Meister stehen – besonders an verregneten Sonntagen – schwere Zeiten ins Haus. Mit der Fertigstellung der neuen Gemäldegalerie im Mai beginnt der Umzug von 3.000 Gemälden und Zeichnungen aus den Museen in Dahlem sowie aus dem Bodemuseum. Für den logistischen und technischen Kraftakt, eine der größten Sammlungen abendländischer Malerei in einem Haus zu vereinen, werden die beiden staatlichen Museen geschlossen. Während das Bodemuseum seine ständige Ausstellung schon jetzt beendet, macht Dahlem die Pforten im Sommer dicht. Die Eröffnung der Gemäldegalerie am Kulturforum soll im Juni 1998 stattfinden.

Zugleich mit der Schließung der Gemäldeabteilungen werden die Skulpturen aus Dahlem auf die Museumsinsel verlagert und erst wieder ab 1999 im Bodemuseum präsentiert. Etwas weniger dramatisch für Kunstfreaks verläuft die Schließung der Alten Nationalgalerie, die Ende 1997 für 132 Millionen Mark renoviert wird. Die Bilder von Monet und Menzel, Renoir und Leibl werden für ein Jahr lang in Schinkels Altem Museum am Lustgarten ausgestellt.

„Der Umzug der großen Sammlungen von Dahlem in die Gemäldegalerie“, erklärte Wolfgang Kahlcke, Sprecher der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, „gehört sicher zu den aufwendigsten Unternehmungen, die für die Besucher Entbehrungen mit sich bringen werden.“ Dennoch bilde der Auszug der 3.000 Alten Meister aus Dahlem und dem Bodemuseum in das Haus am Kulturforum einen richtigen Schritt, da nach Jahrzehnten der Teilung die alte Malerei mit einem neuen Konzept und unter „optimalen Möglichkeiten“ vereint präsentiert werden könne.

Die Sammlung Alter Meister mit Werken von Rembrandt, Rubens, Tizian und Dürer war nach dem Zweiten Weltkrieg auseinandergerissen und seither in der Ost- und Westhälfte der Stadt getrennt ausgestellt worden.

Für den Bilderumzug, sagte Anne Lemke-Junker von den Staatlichen Museen zu Berlin, sei ein Organisationskomitee eingerichtet worden. Ein derartiges Programm – Auszug, Transport und neue Hängung – bedürfe „der regelrechten Planung bis ins Detail“. Lemke-Junker wies darauf hin, daß mit dem Auszug der Gemälde aus dem Museumskomplex in Dahlem dort keinswegs der Museumsbetrieb aufgegeben werde. Die freien Flächen erhalte das Museum für Völkerkunde, das nach den Umbauarbeiten ab 1998 afrikanische Kunst sowie indianisches Kulturgut ausstellt.

Mit dem großen Umzugs- und Neueröffnungsprogramm der Alten Meister und Skulpturen wird gleichzeitig eine für Berlin exemplarische Museumslandschaft beerdigt. Mit der Beschränkung auf zwei Standorte in der Mitte der Stadt, kritisierte der Kunsthistoriker Helmut Börsch-Supan, werde das Konzept der dezentralen Standorte zugunsten einer unnötigen Konzentration aufgegeben. Rolf Lautenschläger

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