: Mit Binsenweisheiten aus der politischen Isolation
■ Sachsens Sozialdemokraten nehmen von ihrem harten Anti-PDS-Kurs Abschied
Dresden (taz) – Die Frage, wie man es mit parlamentarischen Bündnissen mit der PDS hält, bleibt der sächsischen SPD erhalten. Nach einem Treffen mit Erstunterzeichnern der parteikritischen „Thesen aus Sachsen“ räumte der Landesvorstand erstmals ein, daß ein Zusammengehen mit der Partei des Demokratischen Sozialismus „bei entsprechenden Entwicklungen in der PDS denkbar“ sei – dies zu leisten sei „jedoch Sache der PDS selbst“. Bereits jetzt, konstatieren die Autor der Thesen, gebe es im Rahmen der parlamentarischen Tätigkeit „zahlreiche Formen kooperativer Zusammenarbeit, auch mit Mandatsträgern der PDS“. Noch auf dem SPD-Landesparteitag im vorigen November war ein Zusammengehen mit der PDS strikt ausgeschlossen worden.
Sachsens SPD hatte als einziger Ostlandesverband auf die „Notizen“ von Wolfgang Thierse ablehnend reagiert. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende hatte geschrieben, daß seine Partei einer Zusammenarbeit mit der PDS nicht werde „ausweichen“ können, wenn der Wählerauftrag entsprechend ausfalle.
Ganz im Tenor Thierses sind auch die sechsseitigen „Thesen aus Sachsen“ verfaßt: „Zweckbündnisse mit Demokraten gleich welcher Couleur“ müßten immer möglich sein, heißt es. Und: „Ein Kurs strikter Ab- und Ausgrenzung“ wäre gegenüber der PDS „ebenso falsch wie ein Kurs, der auf ein strategisches Bündnis zielt“. Auch in Sachsen gelte es als „Binsenweisheit“, daß es sinnlos sei, die PDS undifferenziert als kommunistische Partei zu stigmatisieren. Die sächsische SPD müsse „jetzt einen Weg aus der selbstgewählten Isolation innerhalb der ostdeutschen Landesverbände finden“. Interpretiert werden muß der Kurswechsel wohl mit der aktuellen politischen Bedeutung der SPD im Land des Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf: Dort fielen die Sozialdemokraten bei der letzten Landtagswahl von 19 auf 16 Prozent und rangieren mit diesem Resultat noch hinter der PDS.
Zu den Erstunterzeichnern des SPD-Papiers gehören die Landtagsabgeordneten Barbara Ludwig und Thomas Mädler, der Meißner Unterbezirksvorsitzende Manfred Müntjes und der Dresdner Stadtfraktionsvorsitzende Albrecht Leonhardt. Noch vor der Sondersitzung des Landesvorstandes haben die innerparteilichen Kritiker eine „Werkstatt Sozialdemokratie“ gegründet, die den landesweiten Diskurs in der Partei voranbringen und auch offen sein soll für parteilose Sympathisanten.
Nach der Publikation der Thesen hatte Sachsens SPD-Generalsekretär Joachim Schulmeyer noch mit Parteiordnungsverfahren gedroht. Davon ist nun keine Rede mehr. Detlef Krell
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