Russischer Kernbrennstoff ausgebremst

■ Europarichter hindern das AKW Lingen am Import billigen Urans aus Rußland

Freiburg (taz) – Das niedersächsische AKW Lingen/Ems wollte den europäischen Uranmarkt durcheinanderwirbeln und ist gescheitert. Die EU-Aufsichtsbehörde Euratom verbot den ReaktorbetreiberInnen, bevorzugt billiges Uran aus Rußland und anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion zu „verbrennen“. Nach einer Klage der EmsländerInnen bestätigte gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg dieses Verbot.

Konkret ging es bei diesem Streit um 400 Tonnen Natururan, die für das AKW Lingen aus Rußland importiert werden sollten – eine Menge, die den Reaktor rund eineinhalb Jahre am Laufen gehalten hätte. Um die Herkunft zu verschleiern, wurde als Verkäuferin die britische Gesellschaft Nuclear Fuels zwischengeschaltet.

Doch die Euratom-Versorgungsagentur in Brüssel roch den Braten. Der Deal mit Nuclear Fuels wurde zwar genehmigt, aber nur unter der Auflage, daß die Briten kein Material aus den Staaten der Exsowjetunion liefern. Damit aber waren die vereinbarten günstigen Konditionen nicht einzuhalten. Das Geschäft platzte.

Die Agentur und die hinter ihr stehende EU-Kommission begründeten die Blockade mit ihrer „Diversifizierungspolitik“. Danach soll der europäische Uranimport aus Rußland und ähnlichen Ländern auf maximal ein Viertel der Gesamteinfuhren an Uran beschränkt werden. Und dieses Kontingent war im AKW Lingen bereits überschritten worden. Ziel der Agentur ist es, die Abhängigkeit von einzelnen Lieferländern zu vermeiden. Und gerade die GUS-Länder könnten mit ihren Billigangeboten traditionelle Anbieter wie Kanada, Südafrika und die USA vom Markt verdrängen.

Die zum Dortmunder VEW- Konzern gehörenden AtomikerInnen aus dem Emsland bestritten jedoch, daß die Agentur überhaupt die Kompetenz habe, eine solche Diversifizierungspolitik zu betreiben. Damit hatten sie beim Europäischen Gerichtshof allerdings keinen Erfolg. Aufgabe der Euratom- Agentur sei es, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, hieß es im Urteil. Um den Uranmarkt zu retten, sind kurzfristig also auch planwirtschaftliche Methoden zulässig. Christian Rath