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Hennemann: Ausschuß inkompetent

■ Ex-Vulkan-Chef verweigerte wieder die Aussage

Bevor Friedrich Hennemann den Vulkan-Untersuchungsausschuß gestern wissen ließ, daß er auch diesmal nichts sagen werde, fand er deutliche Worte für die Parlamentarier: Der ehemalige Vulkan-Chef sprach ihnen die Kompetenz ab. Er habe „Zweifel“, ob die Ausschußmitglieder „nicht nur keine objektive Sachaufklärung wollen, sondern mangels Kompetenz sie möglicherweise auch nicht leisten können“, sagte Hennemann. Der Ausschußvorsitzende Hermann Kuhn (Grüne) reagierte auf die Vorwürfe gelassen. Nachdem sich die Parlamentarier zweimal zur Beratung zurückgezogen hatten, ließ Kuhn Hennemann wissen, daß der Ausschuß beim Amtsgericht noch einmal die Festsetzung eines Ordnungsgeldes beantragen wird. Erst Mitte des Monats hatte das Gericht gegen Hennemann ein Ordnungsgeld von 1.000 Mark festgesetzt, weil er kein Aussageverweigerungsrecht vor dem Untersuchungsausschuß habe. Wie berichtet, hatte Hennemann bei seiner zweiten Vernehmung Ende November die Aussage vor dem Ausschuß verweigert. Gegen den Beschluß des Amtsgericht hat er zwischenzeitlich Beschwerde eingelegt. Er erwägt sogar eine Verfassungsbeschwerde.

Er habe am 5. November bereits alle Fragen „umfassend und konstruktiv“ beantwortet, betonte Hennemann. In den Pausen hätten der Ausschußvorsitzende Kuhn und andere Parlamentarier seine Aussagen bewertet „und überwiegend abfällig kommentiert“, monierte Hennemann. Durch dieses Verhalten sei die Vermutung bestätigt worden, „daß der Ausschuß in seiner Gesamtheit an einer neutralen bzw. objektiven Sachaufklärung nicht interessiert ist, sondern lediglich an Aussagen, die ein bereits vorgefaßtes – politisch motiviertes – Vorurteil bestätigen.“

Auch die Zeugenliste zum Unterweserkonzept beweist laut Hennemann die Unfähigkeit des Ausschusses. Timmermann, Endler, Bohle, Scheider oder Kröning könnten nichts zum Unterweserkonzept sagen. „Können Sie dies mangels Kompetenz nicht erkennen oder verfolgen Sie ganz andere Ziele als Sie im Beweisbeschluß niedergelegt haben?“

„Hier soll bewiesen werden, daß der Vulkan schon seit 1983 ein rotten system war, das ist doch pervers“, schimpfte Hennemann in der Pause. Er fühlt sich als Sündenbock. „Scherf hat selbst zugegeben, daß die Große Koalition 600 Millionen Mark in den Sand geschoben hat, und jetzt muß jemand dafür gerade stehen.“ Dazu sei der Koalition jedes Mittel recht. Bürgermeister und Justizsenator Henning Scherf (SPD) habe vor wenigen Tagen „per Weisung“ in die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen ihn eingegriffen, behauptete Hennemann. kes

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