CSU-Stoiber kritisiert Bonner Regierungspläne

■ Streit vor dem neuen Steuergipfel: SPD-Chef Lafontaine will keine Kürzung des Kilometergelds. SPD-Fraktionschef Scharping fordert Soliabgabe von Millionären

Bonn/Berlin (AFP/taz) – Im Streit um die Steuerreform wurde die Bonner Koalition am Wochenende von allen politischen Seiten unter Druck gesetzt: Die SPD stellte Bedingungen für die Fortsetzung der Steuergespräche und kritisierte wie Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) die geplante Rentenbesteuerung. Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) forderte den weitgehenden Verzicht auf die vorgesehene Absenkung des Spitzensteuersatzes. CSU-Finanzminister Theo Waigel stellte unterdessen klar, daß die Regierungsseite nicht um jeden Preis eine Einigung mit der SPD bei den derzeitigen Steuerverhandlungen sucht. SPD-Chef Oskar Lafontaine sagte dem Nachrichtenmagazin Focus, wenn CDU/CSU und FDP ihre Pläne zur Besteuerung der Schichtarbeit und zur drastischen Kürzung der Kilometerpauschale nicht zurücknähmen, wären weitere Gespräche sinnlos. Auch die Pläne für eine höhere Besteuerung der Renten und der Lebensversicherungen müßten vom Tisch. Anfang voriger Woche hatten Gespräche zwischen Koalition und SPD begonnen.

In den bisher zwei Gesprächsrunden wurde keine Annäherung zwischen beiden Seiten sichtbar. Für den kommenden Sonnabend ist ein weiteres Treffen angesetzt. Die SPD hat bei der Steuerreform ein gewichtiges Wort mitzureden, weil Kernpunkte der Reform auf Zustimmung im sozialdemokratisch dominierten Bundesrat angewiesen sind.

SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping brachte nun eine Sonderabgabe für Millionäre ins Gespräch. Damit könne der Staat Mehreinnahmen von 45 bis 50 Milliarden Mark im Jahr verbuchen. Wer ein Vermögen von einer Million Mark und mehr besitze, solle je nach Höhe seines Reichtums eine Sonderabgabe von ein bis drei Prozent pro Jahr bezahlen. Mit den Einnahmen könnte dann die Herausnahme versicherungsfremder Leistungen aus den Sozialkassen bezahlt werden.

Mit einer Zustimmung zu diesem Vorschlag ist seitens der Regierung jedoch nicht zu rechnen. Finanzminister Theo Waigel teilte via Bild am Sonntag mit, er setze weiterhin auf eine Einigung mit den Sozialdemokraten und wolle seinen Referentenentwurf für die Steuerreform auch dann noch vorlegen, wenn mit der SPD kein Einvernehmen erzielt werden könne: „Entweder kommt es darüber jetzt zu einer Einigung mit der SPD oder anschließend im Vermittlungsausschuß zwischen Bundestag und Bundesrat.“