Das Portrait: Eigentlich wollte sie Ruhe finden
■ Angela S.
Die Menschen hier würden einen Teufel tun und sich darauf reduzieren lassen, daß sie gegen den Castor sind „und sonst gar nix“. Angela S.· 1974 in Hongkong geboren, zog in eines der wendischen Rundlingsdörfer, „um zur Ruhe zu kommen“ nach dem Abitur, dem abgebrochenen Studium, einer Zeit als Fahrradkurierin in Hamburg. Nach der Zeit im Naturschutzbund und in der Jugendumweltprojektwerkstatt in Altona.
1994, im Hüttendorf Castornix, hat sie sich fürchterlich in den Landkreis Lüchow-Dannenberg verliebt. Und dann war da dieser grüne Zettel, auf dem stand, daß eine Bildungs- und Begegnungsstätte Freiwillige suchte. Angela ging mit ihrer Freundin ins Wendland, für ein freiwilliges ökologisches Jahr. Der Traum vom Ruhefinden erwies sich als Illusion. Nun lernt sie in schönster Landschaft viele nette, politisch aktive Menschen kennen. „Es hat eine Weile gedauert, bis ich mir das eingestehen konnte, daß die Entscheidung irgendwo mitmachen zu wollen, von den Menschen abhängt, die da etwas machen.“
Die Leute. Beim Naturschutzbund und der Altonaer Projektwerkstatt empfand sie die Rolle der Männer als störend. Und obwohl „linke Männer natürlich auch ganz schrecklich kritisch und reflektiert sind, sind sie doch immer die zentralen Figuren, auch im Wendland, übernehmen die wichtigen Sachen“, auch in ihrer Gruppe. Von den „Mackern und Wichtigtuern“ hat sie sich verabschiedet. Angela arbeitet am liebsten mit den verschiedenen Frauen/Lesben-Projekten zusammen, einer regen Szene im Landkreis. Und natürlich ist ihr Haus Anlaufstelle für Leute aus Hamburg geworden, die zu den Aktionen kommen. Vor allem für „Autonome“. Im Castor-Widerstand allerdings passe das Bild, das die Stadtguerilleras und –guerilleros abzugeben gewohnt sind, nicht so recht in die Landschaft. Das Selbstverständnis der Autonomen und Vokabeln wie „Chaoten“ gerieten gleichermaßen ins Wackeln. Wenn an Schienen gesägt werde, dann werde das vom ganzen widerständischen Spektrum im Wendland getragen. Angela findet denn auch die Unterscheidung zwischen „militant und gewaltfrei nicht mehr so wichtig“.
aus: „Unruhiges Hinterland. Portraits aus dem Widerstand im Wendland“. Hg. von Kirsten Alers, Philip Banse und der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg
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