Ein Pakt für saubere Wahlen

■ In Marokko hat ein breites Oppositionsbündnis gute Chancen. Auch gemäßigte Islamisten wollen kandidieren

Madrid (taz) – Dieses Mal soll es ganz sauber zugehen, wenn die Marokkaner an die Urnen gerufen werden. Um daran erst gar keine Zweifel aufkommen zulassen, erarbeitete Innenminister Driss Basri einen Wahlpakt, den die Vertreter aller Parteien Ende letzter Woche in einem feierlichen Akt abzeichneten.

Der „Verhaltenskodex“, der sich sowohl an die Opposition als auch an Regierung und Verwaltung richtet, sieht vor, daß die Liste der Wahlberechtigten gemeinsam aufgestellt wird. Regionale Ausschüsse sollen überprüfen, ob es bei der Stimmangabe mit rechten Dingen zugeht. Die Verwaltung verpflichtet sich, keinen Einfluß auf das Ergebnis zu nehmen. Das beliebte Kaufen von Wählerstimmen ist ausdrücklich verboten. Die Opposition verpflichtet sich im Gegenzug, von etwaigen Klagen nach den für Frühsommer vorgesehenen Kommunalwahlen und den Parlamentswahlen nächsten Herbst abzusehen.

Die linken Oppositionskräfte sind sich über die Tragweite ihrer Unterschrift bewußt. „Sicherlich werden wir noch oft gefragt werden, welche Garantien wir seitens der Verwaltung haben, um ein solches Abkommen zu unterschreiben“, räsonierte der Vorsitzende der Union Sozialistischer Volkskräfte (USFP), Abderrahmane Youssoufi, in seiner Rede auf dem Festakt, um dann die Antwort zu geben: „Das Wort von König Hassan II.“ Deutlicher hätte Youssoufi den Richtungswechsel seiner Partei nicht zum Ausdruck bringen können. Nach jahrzehntelangem Kampf gegen die Monarchie, der dem sozialistischen Führer jahrelanges Exil einbrachte, war er es, der die USFP auf eine gemäßigte Linie einstimmte.

Im Verbund mit anderen Parteien will Youssoufi jetzt die Früchte dieser Mäßigung ernten. Mit von der Partie bei Koutla, wie sich die Vereinigte Opposition nennt, ist außerdem die Partei für Fortschritt und Sozialismus (PPS), die gemäßigt marxistische Organisation der demokratischen Volksaktion (OADP) und die rechte, nationalistisch geprägte Istiqlal von Mohamed Bouceta, die schon in mehreren Regierungen vertreten war. Daß Koutla die Wahlen gewinnt, scheint so gut sicher.

Der Härtetest kommt für das Bündnis erst nach dem Urnengang. In Marokko fragen sich dieser Tage viele, ob ein solcher Zusammenschluß aus rechten und linken Kräften überhaupt eine Zukunft hat. Vor allem USFP und Istiqlal mobilisieren seit einigen Wochen in regionalen Kongressen ihr Parteivolk für den bevorstehenden Kommunalwahlkampf. Wie die gegenseitige Unterstützung innerhalb von Koutla aussehen soll, darüber schweigen sich die Parteiführer auf den Veranstaltungen bisher allerdings aus.

„Die politische Szene ist befriedet, alle Welt unterstützt die heilige Trilogie (...) Monarchie, islamische Religion und die Unantastbarkeit unserer Grenzen“, würdigt die marokkanische Wirtschaftszeitschrift La Vie economique die Geschicklichkeit von Hassan II., alle Parteien ins System einzubinden. Nach 36 Jahren auf dem Thron bereiten dem Monarchen nur noch die Islamisten Kopfzerbrechen. Trotz Massenverhaftungen und Schnellverfahren nach den von islamistischen Studenten angezettelten Universitätsstreiks Anfang des Jahres hat jetzt eine religiöse Gruppierung ihre Absicht bekundet, an den Wahlen teilzunehmen – die gemäßigt islamistische demokratische und konstitutionelle Volksbewegung (MPDC). Das Innenministerium hat über die Zulassung der MPDC allerdings noch nicht entschieden. Reiner Wandler