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Der gute, linke Mainstream

■ Michael Franti und Spearhead beherrschen die angenehme Diskussion

Dies ist ein schwieriges Thema. Denn in der Person Michael Frantis bündeln sich fast alle großen musik- und popkulturellen Problemfelder der letzten zehn Jahre, die da heißen schwarz/weiß, Politik/Privatismus, Edutainment, Widerstand, Spaß oder ,zusammengefaßt, HipHop. Jene Kultur-, Lebens- und Sprachform, der einst die Zuschreibung „CNN der Schwarzen“gegeben wurde.

Dieses Bild hat Franti mit seiner neuen Veröffentlichung Chocolate Supa Highway aufgefrischt: Statt des auf Politik festgeschriebenen Vergleichs mit CNN nennt er Hip Hop treffender das „schwarze Internet“. Denn natürlich sind hier, wie im „echten“Netz, Sex, Spiele und mikrokosmische Codes weitaus präsenter als der Austausch sozial dienlicher Inhalte. Vor diesem Hintergrund rückt Frantis Glaube an das gute Online in die Nähe der Propaganda von Microsoft.

1986 startet Franti seine Infiltration des Pop-Business mit Agitation und Lautstärke: Die Beatnigs existieren nur für eine LP, doch sie fusionieren für diesen Moment kluge politische und musikalische Dissidenz wie zuvor höchstens Gang Of Four. Zu dieser Zeit wurde auch der Song geboren, der Franti für lange Zeit als linken Medienkritiker festschreiben sollte: „Television, The Drug Of A Nation“. Diesen tanzbaren Protest, ein Gassenhauer in autonomen Häusern wie in Indie-Discos, trug Franti wenig später in sein neues Projekt Disposable Heroes Of Hiphoprisy, wo das musikalische Rezept der Beatnigs, HipHop durch Industrial anzureichern, perfektioniert wurde.

Mit Spearhead hat Franti nun wieder eine richtige Band und überraschenderweise das als hart festgeschriebene Moment seiner Musik, und damit die offensichtliche Deckungsgleichheit von Ton und Inhalt, endgültig aufgegeben. Spearhead bereiten auch dem alleinig durch Radio geschulten Ohr keinerlei Unbehagen, sie gleiten in Sonne und Soul und lassen ihren sozialen Impetus dastehen wie die gute Diskussion am Kamin der eigenen Villa. Das ist der gute Mainstream im Sinne einer Abkehr von ausgrenzender Sprache bzw. Sound, das ist Soul nicht nur im Sinne der Seele, sondern auch des R'n'B, der Tradition, in der Franti Zuflucht sucht. Gil Scott-Heron, Bob Marley, Marvin Gave. Geschichte, Stil, Ausdruck.

Doch zeigt diese Hinwendung zu den Ikonen des guten Geschmacks auch den konservativen Wunsch nach Ruhe und Schönheit. Familie gibt ihm Inspiration, sagt Franti und trägt es in die Welt, wissend um die kurze Lebensspanne. Widerstand ist entbehrungsreich, einsam und hat keinen Glamour. Michael Franti ist groß, gutaussehend und hat eine sonore Schlafzimmerstimme. Beides hat sich jetzt arrangiert.

Holger in't Veld Mo, 10. März, 21 Uhr, Gr. Freiheit

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