: Israel zieht sich um neun Prozent zurück
■ Arafat nennt Beschluß des israelischen Kabinetts "schrecklich". Palästinenser demonstrieren gegen die geplante Siedlung Har Homa in Jerusalem. USA verhindern bindende Resolution des Sicherheitsrate
Gaza/Jerusalem (dpa/AFP/taz) – Palästinenserpräsident Jassir Arafat hat die Entscheidung des israelischen Kabinetts, aus weiteren neun Prozent des Westjordanlandes abzuziehen, als „Anschlag auf den Friedensprozeß“ bezeichnet. Vor palästinensischen Journalisten in Gaza sagte Arafat, die Entscheidung sei „schrecklich“. Sie sei ohne jede Konsultation mit den dafür zuständigen palästinensischen Komitees „einseitig nur von Israel getroffen“ worden.
Schon dies sei „eine klare Verletzung von Geist und Buchstaben der Verträge“. Arafat rief sein Kabinett zu einer Sondersitzung zusammen. Es ist der erste von drei geplanten Abzügen, die laut Vertrag bis 1998 erfolgen müssen. In der Nacht zum Freitag hatte das israelische Kabinett nach einer siebenstündigen, hitzigen Sitzung mit 10 gegen 7 Stimmen den Rückzugsbeschluß gefaßt. Die Ultranationalisten wollten nur zwei Prozent des Gebiets übergeben. Verteidigungsminister Jitzhak Mordechai sagte, die Armee werde den Beschluß innerhalb von 48 Stunden umsetzen. Bislang übt die palästinensische Autonomieregierung die volle Herrschaft nur über drei Prozent des Westjordanlandes aus. In dieser sogenannten Zone A befinden sich die größten Städte. In weiteren 24 Prozent des Westjordanlandes, der Zone B, übt die palästinensische Behörde lediglich die Zivilverwaltung aus, während Israel die Sicherheitsaufgaben wahrnimmt. Das restliche Gebiet, die Zone C, befindet sich noch voll unter israelischer Herrschaft. Nach dem jetzt gefaßten Beschluß räumt die israelische Armee sieben Prozent der Zone B und zwei Prozent der Zone C.
Rund 3.000 Palästinenser und Mitglieder israelischer Friedensgruppen haben gestern gegen das israelische Bauprojekt Har Homa in Ost-Jerusalem demonstriert. Der Protestmarsch begann in Beit Sahur im Autonomiegebiet. Die Demonstranten wurden in der Nähe des geplanten Baugeländes von mindestens 1.000 bewaffneten Polizisten und Soldaten erwartet. Weitere 1.000 Polizisten waren in der Altstadt stationiert, um Unruhen während der muslimischen Freitagsgebete zu verhindern. Doch gab es bis zum Nachmittag keinerlei Zusammenstöße.
Ein Resolutionsentwurf im Weltsicherheitsrat, der Israel wegen des umstrittenen Siedlungsprojekts Har Homa in Ost-Jerusalem kritisiert, scheiterte am Widerstand der USA. In dem von der EU eingebrachten Entwurf wurde die israelische Regierung aufgefordert, alles zu unterlassen, was den Friedensprozeß gefährden könnte. US-Diplomaten erklärten, Washington werde jede Entschließung per Veto verhindern. Der Sicherheitsrat beauftragte daher einen Expertenausschuß mit der Ausarbeitung eines nicht bindenden Kompromißentwurfs.
Bei einer Gedächtnisfeier für den 1995 ermordeten ehemaligen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin in Tel Aviv ist Netanjahu mit Protestrufen empfangen worden. Leah Rabin, die Witwe des Ermordeten, hatte die Teilnahme Netanjahus an der Feier abgelehnt. Bei der Begrüßung Netanjahus blieb Leah Rabin demonstrativ sitzen und forderte das Publikum ebenfalls dazu auf. Anwesende riefen Netanjahu zu: „An deinen Händen klebt Blut.“ Sie verlangten, er solle sich für „Akte der Aufhetzung“ rechtsextremistischer Gruppierungen rechtfertigen.
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