: Der langsame Tod der kleinen Pointen
■ Käthe Lachmanns Programm „Lachmann wieder“in der SchlapplacHHalde
Werden Kabarettisten eigentlich nach Auftrittslänge bezahlt? Sind sie so verliebt in die eigenen Witze, daß sie nicht davon lassen können? Wenn nicht: Warum braucht Käthe Lachmann in der SchlapplacHHalde anderthalb Stunden für ein Programm, das selbst in der halben Zeit noch gedehnt wirken würde?
Gut, es dauert ein bißchen, bis man Schreinemakers Live, Der Preis ist heiß und Aktenzeichen XY nachgespielt hat. Aber mit Lachmann wieder ist es wie mit dem Fernsehprogramm: Mindestens die Hälfte davon ist absolut verzichtbar. Die Kabarettistin redet minutenlang über das Wetter. Sie schwallt übers Seifenschnitzen und Ostereierbepinseln. Eine Selbsterfahrungs-Fetischistin berichtet von ihren Workshops, um anschließend über die Tanzfläche einer imaginären Techno-Disko zu toben. Das ganze ist komisch, aber nicht lustig.
Die meisten Nummern wirken wie ein dreimal erzählter Witz: Erst wird noch gelacht. Beim zweiten Mal grinsen die Zuhörer müde, und bei der dritten Wiederholung lächeln nur noch pflichtbewußte Freunde. Das ist schade, denn Lachmann wieder hat einige Pointen. Doch entweder nutzt die Kabarettistin sie nicht oder sie hüpft so lange darauf herum, bis der Witz flach am Boden liegt. Als Grönemeyer-Imitatorin beispielsweise ist Lachmann klasse. Prompt singt sie die Maxi-Version eines Liedes, bis garantiert niemand mehr lacht.
Nur Lachmanns Stimme macht Teile des Programms hörenswert. Sie springt von einem Dialekt zum nächsten, spielt ohne Requisiten eine Talkshow nach. Wenn man die Frau auf der Bühne nicht sähe, könnte man denken, Louis Armstrong sänge selbst. Daß ihre Quieker und Kiekser zeitweise in den Ohren gellen, liegt wohl mehr an der nachgeahmten Linda de Mol als an der Kabarettistin.
Ob sie nun politisch sein will, unterhaltsam oder beides, scheint Käthe Lachmann nicht klar zu sein. Um gentechnische Experimente zu kritisieren, genügt es nicht, das Gesicht zu verziehen und auf einem Bein stehend zu verkünden: „Sie sehen hier die genmanipulierte Kirsche!“Lachmann tut's trotzdem und verleiht ihrem Programm so den Charme einer Schulaufführung. Kichernd schmeißt sie Plastikblumen ins Publikum und gibt noch eine genmanipulierte Kartoffel zum besten. Und noch eine Tomate, und dann lachen selbst ihre Freunde im Zuschauerraum nicht mehr.
Wie Lachmann wieder vor einem Publikum wirkt, das nicht aus Bekannten der Kabarettistin besteht, bleibt abzuwarten. Vielleicht singen die Zuschauer dann nicht brav ein Lied über Brotzeit, damit die Künstlerin sich umziehen kann – und vielleicht ist das Programm damit kürzer.
Judith Weber
noch vom 13. bis 15. März, 20.30 Uhr, SchlapplacHHalde, Rentzelstraße 17
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