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Naturschutz am Weserportsee bedroht

■ Senat vertagt Entscheidung für Schutzgebiet trotz Zeitdrucks

In Bremerhaven steht die Realisierung eines lange geplanten Naturschutzgebietes auf der Kippe. Der Weserportsee, der sich im Laufe der Jahre zu einem ökologisch hochwertigen Biotop entwickelt hat, wird trotz langer Debatten vorerst nicht zum Naturschutzgebiet erklärt. Das haben gestern die Staatsräte verabredet, die die heutige Senatssitzung vorbereitet haben. Grund: Insbesondere das Hafenressort hat wiederholt Bedenken gegen den Naturschutz vorgebracht. Der Hafenbetrieb würde eingeschränkt. Mit der Vertagung trudelt die Angelegenheit nun langsam auf ein faktisches Ende zu. Die vorläufige Schutzfrist für den See läuft nächsten Monat endgültig ab.

Der Weserportseee ist eine der letzten ökologisch wertvollen Bremerhavener Wasserflächen. Entstanden ist der See durch Baggerarbeiten, über die Jahre hat sich dort eine reichhaltige Flora und Fauna entwickelt. Eingeklemmt zwischen dem Freihafen und der Stadt wachsen selbst Orchideen. Schon die Ampel hatte die insgesamt 11,8 Hektar große Fläche unter Naturschutz stellen wollen. Und die große Koalition vereinbarte das Naturschutzgebiet „unter der Voraussetzung, daß keine Behinderung der gewerblichen Nutzung des Gebietes der (benachbarten d.Red.) Carl-Schurz-Kaserne erfolgt“, heißt es im Koalitionsvertrag.

Genau diese Formulierung blockiert seit dem Start der Großen Koalition vor eindreiviertel Jahren alle Schutzpläne und führte gestern zum Vertagungsbeschluß. Zweimal wurde der See seit 1994 vorläufig unter Schutz gestellt, die letzte Frist endet am 8. April, eine weitere Verlängerung ist nicht möglich.

Der vorläufig letzte Akt der Auseinandersetzung gestern wurde durch einen umfangreichen Notenwechsel zwischen dem Umweltressort und allen anderen beteiligten Stellen eingeleitet. Die Position der Umweltsenatorin: Alle Bedenken seien ausgeräumt, die Erschließung des neuen Gewerbegebietes auf dem ehemaligen US-Kasernengelände werde vom Naturschutzgebiet nicht behindert. Damit wäre die Bedingung des Koalitionsvertrages erfüllt – trotzdem blieb scharfer Widerstand, vor allem vom Hafen-Staatsrat Gerd Markus. Der schrieb Anfang Februar an Umwelt-Staatsrat Fritz Logemann, dem Hafen müsse „jederzeit Vorrang eingeräumt werden, da er keine Einschränkungen durch das Naturschutzgebiet hinnehmen kann.“Punktum.

Dabei hatte im Juni letzten Jahres Häfensenator Uwe Beckmeyer höchstpersönlich noch in der Bürgerschaft die Naturschutz-Planung verteidigt. Der AfB-Abgeordnete Ludwig Hettling hatte gefragt, und Beckmeyer hatte geantwortet, das Naturschutzgebiet stehe der Entwicklung des Carl-Schurz-Geländes überhaupt nicht im Wege. J.G.

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