: Sachsen will Phoenix einäschern
■ Auch 3sat und Kinderkanal sollen aus dem Kabel fliegen
Start frei, und niemand ist dabei: Ganz so schlimm ist es nicht, aber in vielen Bundesländern werden die Zuschauer den Ereignis- und Dokumentationskanal von ARD und ZDF, Phoenix, am 1. April vergebens im Kabel suchen. Lediglich in Bremen und Rheinland- Pfalz hat das Programm gute Aussichten, zum Start in die Kabelnetze zu kommen – in NRW hat die Landesmedienanstalt Phoenix immerhin als gesetzlich vorgeschriebenes Programm eingestuft.
Bei der Union in Sachsen ist man anderer Meinung. In der vergangenen Woche brachte die CDU-Mehrheitsfraktion einen Gesetzentwurf in den Landtag ein, wonach nur noch gesetzlich bestimmte „Vollprogramme“ neben den lizensierten Privaten in die Kabelnetze eingespeist werden müssen. Dazu gehörten nur das Erste, das ZDF, das MDR-Dritte und arte – nicht aber 3sat, Kinderkanal und eben Phoenix. Erst Ende vergangenen Jahres hatten die Konservativen im Dresdner Landtag nur murrend den Rundfunkstaatsvertrag ratifiziert und erklärt, die Spartenkanäle seien mit dem Integrationsauftrag des öffentlich- rechtlichen Rundfunks unvereinbar. Nun „kickt die CDU 3sat und den Kinderkanal aus dem sächsischen Kabel“, mäkelt der medienpolitische Sprecher der PDS, Heiko Hilker.
Der fragliche Passus im Gesetz war in der deregulierten sächsischen Rundfunklandschaft (laut FAZ ein „Tal der Kulturlosen“) ohnehin nur noch letztes Mittel. Die sächsische Landesmedienanstalt kann seit der letzten Novellierung des Privatfunkgesetzes einem Kabelbetreiber die Einspeisung eines öffentlich-rechtlichen Programms nicht mehr vorschreiben. Den Öffentlich-Rechtlichen bleibt nichts anderes übrig, als ihren Rechtsanspruch selber durchzusetzen und sich notfalls in die Kabelnetze reinzuklagen. Anders als in Westdeutschland tritt im Osten die Telekom nicht als Monopolistin auf. Aus der Tradition der Gemeinschaftsantennen-Anlagen gibt es allein in Sachsen Hunderte von Kabelanlagen, von denen niemand weiß, welcher Netzbetreiber welche Programme einspeist. Ist zum Beispiel der Kinderkanal irgendwo nicht im Kabel, erfahren das die Macher des Senders nur, wenn sich ein Zuschauer beschwert.
Nun sollen 3sat, Phoenix und Kinderkanal gleich gar keinen Vorrang bei der Einspeisung mehr haben. ZDF-Intendant Dieter Stolte hatte bisher darauf gesetzt, daß Phoenix ein gesetzlich vorgeschriebenes Programm sei. Kein Wunder, daß er in einem WDR-Interview drohte, falls Sachsens CDU ihr Gesetz verabschiede, werde zu prüfen sein, ob das Bundesverfassungsgericht die Situation klären müsse. Georg Löwisch
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