: Gewerkschaft blockt Töpfers Bauvorschlag ab
■ Vor den heutigen Tarifverhandlungen lehnt die Baugewerkschaft das Zeitkonten-Modell von Bundesbauminister Klaus Töpfer ab. Proteste halten an
Berlin (taz) – Gerne würde sich Klaus Töpfer als Bundesbauminister in die Tarifverhandlungen des Baugewerbes einmischen. Er hatte Anfang der Woche vorgeschlagen, Bauarbeiter sollten künftig ein Jahresarbeitszeitkonto erhalten. Sie könnten in den Sommermonaten Überstunden anhäufen, die in den auftragsarmen Wintermonaten abgegolten würden. Die Bauarbeiter brauchten kein Ausfallgeld und die Bauwirtschaft hätte ein Problem weniger.
Des Ministers Vorschlag erfreut die Arbeitgeber. Sie fordern ähnliches bei den heute beginnenden Tarifgesprächen zum Bundesrahmentraifvertrag im Baugewerbe. Die Gewerkschaft IG Bau pariert die Überlegungen mit dem Taschenrechner. Harald Pankau von der Berliner IG Bau sagt, im bunderepublikanischen Durchschnitt fielen im Winter zwar 108 Arbeitsstunden fort, allerdings seien sie höchst unterschiedlich verteilt. Im kalten Voralpenland sind es etwa 400 Arbeitsstunden, in Berlin nur rund 100. Eine einheitliche Jahresarbeitszeitregelung würde Arbeitnehmer in kalten Regionen benachteiligen.
In Frankfurt/Main ringen der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) und die IG Bau ab heute um viel mehr. Zur Disposition stehen unter anderem das 13. Monatsgehalt, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und mögliche Lohn- und Gehaltserhöhungen. In puncto Lonfortzahlung wurde der Tarifvertrag bereits gekündigt; Schlichtergespräche werden folgen, möglicherweise kommt es zum Streik, sollten sich die Arbeitgeber auf die 80-Prozent-Regelung des Gesetzes berufen. Das 13. Monatsgehalt: Derzeit werden 10,7 Prozent des Jahreseinkommens gezahlt; dies soll auf 5,7 Prozent heruntergefahren werden. Zudem fordert der ZDB eine Nullrunde bei den Gehältern und Löhnen. „Nicht mit uns“, erklärte Harald Pankau von der IG Bau. Die Krise spitzt sich also zu, ungeachtet der 10.000 Bauarbeiter, die gestern in Berlin auf die Straße gingen.
Am Dienstag waren die Tarifverhandlungen im ostdeutschen Baugewerbe in Berlin ergebnislos beendet worden. Lediglich auf einen neuen Gesprächstermin konnten sich ZDB und IG Bau einigen. Der ZDB bestand darauf, die Ost- von den Westtarifen abzukoppeln, sowie auf der rückwirkenden Aufhebung der Lohnangleichung auf 95 Prozent des Westniveaus, die am 1. Oktober 1996 wirksam geworden war. Die IG Bau ist aber weiterhin bereit, die letzte Stufe der Angleichung der Ostlöhne zu verschieben, und sie hat angeboten, Ostbetriebe in Schwierigkeiten temporär vom Tarifvertrag zu entbinden – in Absprache mit den Tarifparteien. roga
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