„Wir haben die Nase voll“

■ Die Kleinstadt Krempe und ihr Verkehrsproblem / Mehr als 8000 Autos zwängen sich täglich durch die schmale Hauptstraße

Krempe ist eigentlich ein ganz beschaulicher Ort im Kreis Steinburg. Doch ruhig ist es in Krempe schon lange nicht mehr. Mitten durch den Ort verläuft die ironischerweise noch heute „Breite Straße“ genannte Hauptstraße. Die in Wirklichkeit fünf bis sechs Meter schmale Chaussee wurde vor mehr als 700 Jahren für Ochsenkarren gebaut. Inzwischen rollen bis zu 8000 Fahrzeuge täglich über diese Verkehrsader. Das größte Übel dabei sind die im Tagesschnitt über 1000 schweren Lkw.

Denn Krempe ist neben dem Elbtunnel zum Nadelöhr des Nord-Süd-Verkehrs geworden. „Wir liegen mit diesem Aufkommen schon jetzt über dem für das Jahr 2010 hinaus geschätzten Wert“, klagt Bürgermeister Ernst-Eugen Reer. Ganz schlimm kommt es, wenn sich zwei 40-Tonner auf der Hauptgeschäftsstraße begegnen. „Dann werden die Fahrer verleitet oder gezwungen, über die niedrige Bordsteinkante auf den Bürgersteig auszuweichen“, erzählt Peter Rehfeldt, Drogist an der „Breiten Straße“.

Die Brummis rollen dann unmittelbar an den Fenstern der alten Wohn- und Geschäftshäuser vorbei, denn der Bürgersteig mißt nur einen halben bis einen Meter. Für Risse an den Häusern wird vor allem der Schwerlastverkehr verantwortlich gemacht. Kein Wunder, daß Bürgerprotest inzwischen auch bei Aktionen auf der Straße laut wird. Rehfeldt: „Wir haben die Nase voll.“

Nur acht Kilometer von Krempe entfernt liegt der Anleger der Elbefähre Glückstadt-Wischhaven. Mit dem Ausbau der Autobahn 23 (Hamburg-Heide) vor wenigen Jahren wurde der Glückstädter Anleger aus dem Ort herausgelegt. „Das ist zwar für die Glückstädter schön“, meint Rehfeldt, der auch Pressesprecher einer kürzlich ins Leben gerufenen Bürgerinitiative gegen den „Verkehrsnotstand“ ist. „Schlagartig wurde damit auch der Verkehr durch Krempe mehr.“ Denn eine neue Verbindungsstraße zur Autobahn sei nicht gebaut worden. Damit bleibe die Kremper Hauptstraße der einzige Verkehrsweg in dem Marschgebiet, der das Gewicht verkraften kann, wenn sich zwei schwere Lkw begegnen.

Vor allem skandinavische Spediteure wählen nach Angaben von Bürgermeister Reer die Route über die Glückstädter Fähre auf dem Weg zum Beispiel in die Hafenstädte Bremen oder Rotterdam. Die Verbindung sei für sie attraktiv, da sich vor dem Hamburger Elbtunnel häufig kilometerlange Staus bilden und sie die rund 20 Minuten auf der Fähre „für eine willkommene Pause nutzen können“.

Obwohl die Kremper seit gut 25 Jahren um den Bau einer Umgehungsstraße kämpfen, ist bislang nichts passiert. Doch die schleswig-holsteinische Ministerpräsidentin Heide Simonis habe jetzt in einem Brief Zustimmung zum Bau einer nördlichen Umgehung signalisiert. Wenn keine Klage gegen das Planfeststellungsverfahren eingereicht werde, könne noch 1997 mit dem Bau begonnen werden, schätzt der Bürgermeister. Das bedeutet aber auch, daß noch bis ins Jahr 2001 der Schwerlastverkehr durch den Ortskern „donnert“.

Anja Stiehler