Grüne ohne Position

■ Bundestagsfraktion verzichtet auf Abstimmung über Nato-Osterweiterung

Bonn (taz) – Die Bundestagsfraktion der Grünen hat derzeit keine Position zur Nato-Osterweiterung. Das ist das Ergebnis von mehr als vierstündigen Beratungen am Montag abend – es spiegelt vor allem parteitaktische Überlegungen wider. Vertreter des realpolitischen Flügels fürchten einen Aufstand der Parteilinken, sollte ihre Linie formal festgeschrieben werden.

Zwei Anträge lagen den Abgeordneten vor: einer unter Federführung der „Fraktionslinken“ Ludger Volmer und Angelika Beer, in dem der Erweiterung des westlichen Militärbündnisses eine Absage erteilt wird. Dieser Antrag steht in Übereinstimmung mit Parteitagsbeschlüssen, in denen die Auflösung der Nato gefordert wird. In dem anderen Antrag, der von Helmut Lippelt, Gerd Poppe und Waltraud Schoppe formuliert worden war, wird dagegen der Beitrittswunsch „einer Reihe von Staaten Mittel- und Osteuropas zur Nato“ als „prinzipiell unabweisbar“ bezeichnet. Die Verfasser, die als „Realos“ gelten, wollen die Nato auch für Rußland offenhalten und fordern eine Fortsetzung der Abrüstungsprogramme und die Schaffung einer atomwaffenfreien Zone.

Die Fraktion der Grünen gilt mehrheitlich als realofreundlich. Angelika Beer scheute eine Niederlage dort nicht. Ihr geht es um die Partei: „Ich will dort die Sensibilisierung auch für die außen- und sicherheitspolitischen Fragen schaffen.“ Sie sei dagegen, daß „über Nichtbefassung eine schleichende Veränderung der Politik der Grünen“ erfolge. Auch Helmut Lippelt hätte sich eine Abstimmung gewünscht: „Dieses Ergebnis jetzt ist der Verzicht auf die Artikulierung von Außenpolitik in der wichtigsten Phase. Wir verpassen leider einen Moment, wo wir inhaltlich auf den Prozeß hätten Einfluß nehmen können.“ Lippelt räumt allerdings gleichzeitig ein: „In einer solchen Situation mit einer gespaltenen Fraktion eine solche Politik zu machen, ist auch unmöglich.“ Bettina Gaus