: Schwamm über Scheiß
Nach dem 2:0 beim KSC kehrt Kapitän Matthäus die letzten Bayern-Ungereimtheiten unter den Teppich ■ Von Frank Ketterer
Karlsruhe (taz) – Kurz bevor der letzte Vorhang zu fallen drohte, hob Lothar Matthäus an zum großen Monolog. Mit rrrollendem R, wie man das von großen Schauspielern kennt, sprach er in die Mikrofone und Kameras, damit ganz Deutschland erfahre, daß sie sich nun wieder liebhaben beim Theaterensemble FC Bayern München. Von Aussprache monologisierte der Mann mit der Kapitänsbinde um den Arm, und davon, daß man sich im Kreis der Schauspielgruppe, die der Präsident zuletzt als „Scheiß-Mannschaft“ beschimpft hatte, ein paar Dinge an den Kopf geworfen habe, was gut gewesen sei, schon wegen der reinigenden Wirkung.
„Auch mir wurden Dinge vorgehalten, die nicht der Wahrheit entsprachen“, ließ er wissen, wofür sich sehr viele Spieler zwischenzeitlich bei ihm entschuldigt hätten. Und weil Lothar Matthäus ein durch und durch liebenswerter und aufrichtiger Bursche ist, habe er die Entschuldigungen selbstredend angenommen und den Schwamm über die leidige Affäre gelegt, die da so böse behauptet hatte, er sei jener welcher, der Interna weitergebe an die Presse. Vorbei, vergessen. „Die letzten Ungereimtheiten wurden unter den Teppich gekehrt“, sprach Matthäus, bevor auch er von der Bühne des Karlsruher Wildparkstadions trat.
Auf dieser hatte dem FCB zuvor eine eher mittelmäßige Vorstellung genügt, um mit 2:0 zu gewinnen gegen den Karlsruher SC. Die Bayern sind wieder alleiniger Tabellenführer (49 Punkte), zwei Punkte vor Stuttgart und Leverkusen, drei sogar vor Meister Dortmund. Und schon jetzt, zehn Spieltage vor Ende dieser Bundesligarunde, glaubt Bayern-Manager Uli Hoeneß, daß es einiger Blödheit bedürfe, „wenn wir uns das noch aus der Hand nehmen lassen“.
Woraus er solchen Optimismus schöpft, wurde an diesem nieselregengetränkten Sonntagabend freilich kaum deutlich. Dafür war es leicht, sich vorzustellen, wie schnell es mit der guten Laune bei den Ruhmreichen schon wieder hätte vorbei sein können, wenn Schiedsrichter Hellmut Krug abgepfiffen hätte, als Alexander Zickler nach einer halben Stunde seinen Widerpart Dirk Schuster umgerissen hatte im Kampf um den Ball, was ihm das 1:0 ermöglichte. Und ziemlich wahrscheinlich, daß auch Hobbymoderator Franz Beckenbauer nicht „sehr zufrieden“ von dannen gezogen wäre, hätten die vehement vorgetragenen Angriffsbemühungen der Häßler- und Tarnat-losen Karlsruher in Halbzeit zwei nur einmal zum Erfolg geführt. Weil das nicht der Fall war, sah sich in den Schlußminuten schließlich auch KSC-Keeper Claus Reitmaier zum Stürmen veranlaßt, was wiederum Zickler die Chance zum 2:0 für die Bajuwaren bot. So mußte Bayern-Trainer Giovanni Trapattoni später zwar zugeben, daß er „viele, viele glitten“ habe in der zweiten Halbzeit, die man schon deshalb vergessen müsse, er mit dem Ergebnis aber durchaus zufrieden sei.
Ein Gemütszustand, der auf Kollege Winfried Schäfer schon vor der Partie nicht mehr zutraf, als ihn die Mitteilung ereilte, daß die Konkurrenz bereits als Sieger anreise, im Ringen nämlich um Michael Tarnat. 4,8 Millionen Mark sind die Bayern zu zahlen bereit für den Mann, der nächste Saison ihre linke Außenbahn besetzen soll. Tarnat ist der fünfte Karlsruher, der an die Isar wechselt. Und Schäfer glaubt nicht, daß das Ende schon erreicht ist. Vielmehr macht er sich Sorgen um Stürmer-As Sean Dundee, der für die Münchner Klinsmann-Ersatz werden könnte, sollte es mit dem Elber- Transfer nicht klappen.
Für diesen Fall hat Schäfer einen Vorschlag: „Wir können ja mit den Bayern fusionieren und einen gemeinsamen süddeutschen Klub gründen“, sagte er, „unsere Spieler haben die ja schon.“
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