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Unbürokratische Kiezhilfe im Notfall

■ Die provisorische Ambulanz im Hafenkrankenhaus funktioniert – auch ohne allzuviele Patienten

Anne Seitz * findet den Eingang nicht. Zum dritten Mal schon läuft die Frau auf dem Grundstück des Hafenkrankenhauses hin und her. Einen Arm hält sie vor dem Bauch angewinkelt, und sie schimpft. „Saumäßig schlecht ausgeschildert“sei die provisorische Notfallambulanz auf Station D, und das im Dunkeln. „Links den Weg hoch und dann in das gelbe Haus“, lautete die Anweisung des Pförtners – nur dumm, daß auf dem Gelände der Kiez-Klinik fast alle Häuser gelb sind.

Wer nicht genau weiß, wo seit drei Wochen abends die Ambulanz geöffnet ist, hat schlechte Karten. „Es ist sogar vorgekommen, daß ein Pförtner einen Patienten nach Hause geschickt hat“, sagt Ärztin Sibylle Quellhorst. Er habe nicht gewußt, daß es einen Notdienst gibt, so spät am Abend. Denn die Ambulanz öffnet, wenn Arztpraxen schließen: wochentags von 20 bis 22 Uhr ist sie mit je einer Ärztin oder einem Arzt besetzt, unterstützt von einer Krankenschwester beziehungsweise einem Pfleger. Heute hat Schwester Dorothea Grotenau Dienst. Die ehemalige Hafenkrankenhaus-Angestellte hört sich Anne Seitz' Geschichte an: Ihr Mann habe sie geschlagen, berichtet die Container-Bewohnerin. Jetzt kann sie ihre Hand kaum noch bewegen, geschweige denn „eine Zigarette drehen“.

Grotenau will das Gelenk kühlen, doch eine Besetzerin winkt auf die Frage nach Eis ab: „Wir haben ja nicht mal einen Kühlschrank.“Also muß es ein Verband tun und Kühlsalbe. Die stammt, wie die meisten Medikamente, aus den Praxen engagierter Ärzte. Aus dem Bestand der Kiez-Klinik haben die OrganisatorInnen einen Tisch mit drei Stühlen gerettet, eine Liege und einen Rollwagen für Verbände. Ein Hängeschrank birgt die Medikamente. So ausgestattet und aus dem eigenen Notfallkoffer versorgen sieben ÄrztInnen abwechselnd jene Notfallpatienten, die den Weg in eine reguläre Klinik scheuen: Menschen ohne Papiere, AusländerInnen und Obdachlose. Die meisten kommen nach Unfällen, mit Schnitt- oder Brandverletzungen. Bei schwereren Fällen müssen die ÄrztInnen die Kranken in eine Klinik verweisen. „Hier kann man eben nicht irgendeine Maschine anwerfen“, sagt Grotenau.

An diesem Abend ist das auch nicht nötig. Anne Seitz bleibt die einzige Hilfesuchende. Überhaupt ist der Zulauf gering, bewegt sich „zwischen null bis fünf Patienten pro Abend“, berichtet Quellhorst. Die Ambulanz habe sich „noch wenig herumgesprochen“, argumentiert Frank Eyssen von der Hafenkrankenhaus-Ini. Gerade bei Obdachlosen, illegal in Hamburg lebenden Menschen und AusländerInnen dauere es lange, bis eine Einrichtung akzeptiert werde. Außerdem, so Sibylle Quellhorst, habe der Notdienst „symbolischen Charakter“.

Daß nur wenige MedizinerInnen bereit sind, dafür ihren Elf-Stunden-Tag um zwei weitere Stunden auszudehnen, haben die OrganisatorInnen schon nach zwei Wochen festgestellt. Rund 60 Praxen haben sie um Hilfe gebeten, nur eine bis zwei sagten zu. „Die Ambulanz bleibt“, lautet trotzdem die Tendenz. Und vielleicht, meint Quellhorst, „wenn's gut läuft“, bleibt der Notdienst auch dann als Angebot für Illegale und Obdachlose bestehen, wenn die reguläre Ambulanz ins Hafenkrankenhaus kommt.

* Name von der Redaktion geändert Judith Weber

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