: Türkische Medien: „Rassismus verlangt nach neuer Nahrung“
Berlin (taz) – Auch wenn die Täter von Den Haag und Krefeld noch nicht gefaßt sind, stehen die Anschläge für die türkische Öffentlichkeit im Zusammenhang mit einem zunehmenden Rassismus in Westeuropa. Ressentiments gegen ein Europa, das wegen vermeintlicher „Zivilisationsunterschiede“ die Türkei weiterhin außen vor läßt, werden gestärkt. So war in der Hürriyet von gestern auf tiefschwarzem Hintergrund in überdimensionalen roten Lettern ein einziges Wort zu lesen: „Barbaren“. „Sie haben wieder verbrannt“, schrieb die Zeitung weiter, ohne die Täter näher orten zu können. Die Nachricht von den Anschlägen auf Türken in Holland und Deutschland beschäftigt auch alle staatlichen und privaten Fernsehanstalten.
Maßgebliche Kolumnisten schrieben über „aufflackernden Rassismus im europäischen Jahr des Antirassismus“. Die auflagenstärkste Zeitung Hürriyet betitelte ihren Leitartikel mit „An die Menschheit“: Der „Zivilisationsgraben, von dem Kanzler Kohl gesprochen hatte, wird im Lichte lodernden Feuers klar ersichtlich. Und das an Ostern! Bonn und Europa müssen den Tatsachen nunmehr ins Gesicht sehen. Der Rassismus verlangt unentwegt nach neuer Nahrung.“ Die Zeitung rief die Vereinten Nationen und das Europaparlament zu eiligen Maßnahmen auf und kritisierte auch Ankara, das außer schönen Worten keine Versuche unternommen hätte, Einfluß zur Verhinderung der Anschläge zu nehmen. Den Haag und Krefeld wurden in allen Medien auf eine Stufe mit Mölln und Solingen gestellt. Sabahs Leitartikel „Faßt die Mörder“ war voller Seitenhiebe auf Europa und seine türkeikritische Haltung: „Unsere Landsleute, die mit Zügen und Flugzeugen nach Europa transportiert wurden, werden nun in türkische Fahnen gehüllten Särgen in die Heimat zurückgeschickt.“Dilek Zaptçioglu
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