: Autobahn, Glück allein
■ Kreis Stade bejubelt Bau der A 26. Bündnisgrüne sind weiter miesepetrig. Hamburgs SPD-Landeschef will „nicht blockieren“
A 26? Die Grünen im Kreis Stade winken ab. „Hoffnungslos“sei es, mit der schwarz-gelben Kreistagsmehrheit über verkehrspolitische Alternativen zur geplanten Autobahn von Stade nach Hamburg quer durch Naturschutzgebiete und die Obstgärten des Alten Landes diskutieren zu wollen. Denn wer gegen die Betonpiste sei, riskiere „erheblichen Verlust“von Wählerstimmen. Deshalb „begrüßt“inzwischen selbst die oppositionelle Kreistags-SPD die jüngste Ankündigung der Verkehrsminister aus Bonn und Hannover, mit dem Bau der umstrittenen A 26 noch in diesem Herbst zu beginnen (siehe taz vom 3.4.97).
Die Menschen, die entlang der stets verstopften Bundesstraße 73 leben, fordern seit Jahrzehnten die Autobahn oder mindestens Ortsumgehungsstraßen. „Die aber“, seufzt Egon Ohlrogge, Chef der SPD-Kreistagsfraktion, „waren politisch nicht durchsetzbar“. Politik und Verwaltung hätten sich, „warum auch immer“, auf die Autobahn versteift, „und jetzt ist auch die SPD für den Bau, weil schließlich irgendwas passieren muß“.
Mehr als 20.000 Fahrzeuge brettern täglich über die B 73. Doch die hohe Verkehrsbelastung ist nicht der einzige Grund, weshalb der Stader Kreisdirektor Gunter Armonat „den Baubeginn nicht nur wünscht, sondern herbeisehnt“: Von dem Autobahnanschluß versprechen er und Stades Stadtdirektor Dirk Hattendorf sich vor allem weitere Gewerbe- und Industrieansiedlungen in der Region. Mit der Chlorfirma Dow Chemical, dem Atomkraftwerk Stade, den Aluminiumwerken und einer Dasa-Niederlassung sei Stade zwar attraktiv. Aber, so Armonat: „Wir schielen oft nach Lüneburg, wo es schon eine Autobahn gibt. Uns dagegen sagen interessierte Firmen häufig ab, weil sie erstmal eine bessere Verkehrsanbindung fordern.“
Unterstützung erfahren die Stader ausgerechnet vom umweltpolitischen Sprecher der Hamburger SPD-Bürgerschaftsfraktion Jens-Peter Petersen. So sehr er ja „als Umweltpolitiker gegen die Autobahn“sei, betrachtet Petersen es als „Illusion zu glauben, daß man das Auto von der Straße runterkriegt“. Dem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs erteilt er die Absage gleich mit: „Damit lösen Sie das Problem nicht.“Hamburg solle sich überdies bloß nicht weigern, die Autobahn jenseit der Landesgrenze weiterzuführen: „Das wäre ein Schildbürgerstreich“, findet selbst SPD-Landeschef Jörg Kuhbier. Der ausgewiesene Autobahn- und Transrapid-Kritiker hält „auch die A 26 für nicht nötig“, will sie aber als „Akt der Nachbarschaftlichkeit nicht blockieren“.
Heike Haarhoff
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