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Mit Gewalt zurück nach Bosnien

■ Bayern schiebt 20 Flüchtlinge ab. Koschnick: Vor der Rückführung müßten erst Minen in Bosnien geräumt werden

Köln (AP/AFP) – Trotz anhaltender Proteste hat Bayern gestern erneut eine größere Gruppe bosnischer Flüchtlinge in ihre Heimat abgeschoben. Wie die Münchner Flughafenpolizei bestätigte, wurden am frühen Nachmittag 20 Flüchtlinge mit einem Charterflugzeug direkt nach Sarajevo zurückgebracht. Das Münchner Kreisverwaltungsreferat teilte mit, die Stadt habe zwölf Bosnier abgeschoben, darunter acht verurteilte Straftäter.

Die bayerischen Grünen kritisierten den erneuten Sammeltransport aus Bayern. Die „Amokläufe“ von CSU-Innenminister Günther Beckstein müßten gestoppt werden. Der Freistaat solle die freiwillige Rückkehr der Menschen unterstützen, wie es Nordrhein-Westfalen praktiziere. Nach einer Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag der Deutschen Welle tv befürwortet eine Mehrheit der Deutschen (59 Prozent) erst dann eine Abschiebung, wenn eine sichere Rückkehr gewährleistet sei.

Das Münchner Kreisverwaltungsreferat erläuterte, es habe das Ende der von Grünen und Flüchtlingsbetreuungsorganisationen geforderten Winterpause abgewartet. Nach monatelangem Aufschub sei der Zeitpunkt gekommen, die Ausreiseverpflichtungen notfalls auch zwangsweise durchzusetzen. Jeder der jetzt abgeschobenen Flüchtlinge habe mehrere Monate Zeit gehabt, seine freiwillige Ausreise vorzubereiten.

Vor einer Rückführung bosnischer Flüchtlinge in ihre Heimat müssen nach den Worten des früheren EU-Verwalters von Mostar, Hans Koschnick, in vielen Gebieten unbedingt Minen geräumt werden. „Erst wenn die Minen weg sind, können wir sicher sagen, daß die Menschen in dieser Hinsicht ungefährdet in ihre Heimat zurückkehren können“, sagte Koschnick gestern in Bonn. In Sarajevo zum Beispiel hätten serbische Truppen bei ihrem Abzug gezielt Minen in Häuser gelegt, um die Menschen abzuschrecken. Die Zahl der Minen in Bosnien wird auf drei Millionen geschätzt.

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