: PKK-Zentrum in Flüchtlingsheim vermutet
■ Eine Sondereinheit des Landeskriminalamtes stürmte das Flüchtlingsheim in der westsächsischen Kleinstadt Nerchau. Bewohner trieben Spenden für PKK ein
Dresden (taz ) – Nach Erkenntnissen des sächsischen Landeskriminalamts soll die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Asylbewerberheim von Nerchau- Behren, 20 Kilometer von Leipzig entfernt, ein Schulungszentrum betrieben und Spenden kassiert haben.
230 Beamte, darunter auch Experten des Bundeskriminalamts, stürmten am Mittwoch das ausschließlich von Kurden bewohnte Heim. 20 Bewohner wurden vorläufig festgenommen, bis auf zwei wegen anderer Delikte mit Haftbefehl gesuchte Männer wurden die restlichen wieder freigelassen.
Acht kurdische Asylbewerber im Alter von 21 bis 44 Jahren stehen unter dem Verdacht, die Arbeit der PKK und deren Nationaler Befreiungsarmee (ERNK) aufrechterhalten zu haben. Die PKK wurde im November 1993 durch des Bundesinnenminister verboten. LKA-Sprecher Uwe Pradel erklärte, dieses „idyllisch an der Autobahn“ gelegene Flüchtlingsheim habe als „Ausbildungs- und Schulungszentrum“ für PKK-Aktivisten gedient. Regelmäßig seien auch Funktionäre aus Berlin angereist, um Spendengelder abzuholen, die ein von den Hauptbeschuldigten gebildetes „Ordnungskomitee“ unter den anderen Heimbewohnern eingetrieben habe.
Die Polizeibeamten fanden eine scharfe Faustfeuerwaffe aus tschechischer Produktion, zwei Schreckschußwaffen, mehrere tausend Mark Bargeld sowie Spendenquittungen, Spendenlisten und Propagandamaterial. Ermittlungen werden wegen Nötigung und Verstoß gegen das Vereinsgesetz geführt; strafbar mit Freiheitsentzug bis zu einem Jahr. Da von den 114 gemeldeten Asylbewerbern nur 70 angetroffen wurden, prüfe die Staatsanwaltschaft auch den Verdacht auf unerlaubte Erwerbstätigkeit und Verstoß gegen die im Asylverfahrensgesetz vorgeschriebene Aufenthaltsbeschränkung.
Das seit 1995 bestehende Heim wird von einer privaten Firma geleitet und untersteht der Rechtsaufsicht des Muldental-Landkreises. Gegen Vorwürfe, die offensichtliche PKK-Tätigkeit im Heim ignoriert zu haben, verwahrt sich Ordnungsdezernent Klaus- Thomas Kirstenpfad: „Es gab erst seit einiger Zeit Verdachtsmomente; wir wurden vom LKA gebeten, die Ermittlungen nicht zu stören.“ Am Tage des Polizeieinsatzes wurde die Heimleiterin abgelöst, angeblich jedoch nur aus arbeitsrechtlichen Gründen. dek
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen