■ Standbild: Die Blinde und der Blindgänger
„Sperling und sein Spiel gegen alle“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF
Norbert hat die Faxen dicke. Dem ehemaligen Sprengmeister kommt eine wahrhaft zündende Idee. Alle haben ihn „immer nur verarscht“, besonders die Bank. Jetzt geht der kleine Mann, der aussieht wie Alfred Tetzlaff, mit einer Sprengladung am Bauch in die Bank und läßt sich bescheidene 50.000 Mark auszahlen (zuviel Geld macht unglücklich). Als lebende Bombe flüchtet er zu Fuß und löst in einer Kneipe Panik aus. Kommissar Sperling gibt sich als Wirt aus und versucht den unfreiwilligen Geiselnehmer zu beruhigen.
So etwas kann länger dauern. Schließlich wurde die erste „Sperling“-Episode aufgrund der Wiederentdeckung der Langsamkeit mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Auch „Sperling und sein Spiel gegen alle“ ist ein impressionistischer Krimi; die Figur des Kleinbürgers Norbert, der als Bombe irgendwann hochgehen kann, von Wolf D. Sprenger mit Sprengkraft gespielt.
Bald jedoch entsteht der Eindruck, daß dem Kommissar, der blinden Vera und dem Geiselnehmer der Gesprächsstoff ausgehen wird. Die Spannung steigt noch mal, als der grandios unsympathische Filialleiter die fehlenden 5.000 Mark in die Kneipe trägt und in seiner egoistischen Blödheit den Kommissar verrät. Leider verliert der Film darauf sein Format. Denn daß Sperling (trotz gutem Dieter Pfaff) ein zweites Mal Norberts Vertrauen gewinnt, ist dramaturgisch schlecht konstruiert und nimmt der Figur ihre schöne Gradlinigkeit. Der Film bleibt hinter seiner eigenen Courage zurück: Der Filialleiter hätte draufgehen müssen. Das haben sie sich beim ZDF wohl doch nicht getraut. Manfred Riepe
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