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Vom Regen in ein Rattenloch

■ Umzug in die Schilleroper stößt bei afghanischen Flüchtlingen auf Empörung

Afghanische Flüchtlinge gelten in Behördenkreisen als pflegeleicht, deshalb wird ihnen gerne einiges zugemutet. Der Umzug in die Schilleroper am Neuen Pferdemarkt, zu dem die afghanischen Familien in der Flüchtlingsunterkunft an der Amsinckstraße nun verdonnert wurden, war ihnen offenbar dennoch zuviel.

Mit 120 Müttern, Vätern und Kindern erschienen sie gestern in der Beratungsstelle „Café Exil“an der Spaldingstraße. Zusammen mit dem Flüchtlingsrat unterzeichneten sie Widerspruchsbescheide gegen die Umzugsaufforderung und trugen sie schnurstracks zum Bezirksamt Mitte.

„Normalerweise“, sagt Rudi Fahr vom Flüchtlingsrat, „wäre jeder Auszug aus der Amsinckstraße zu begrüßen“– schließlich ist der gewerblich umsiedelte Autobahnzubringer in der City Süd eine scheußliche Ecke. Die Unterkünfte dort, weiß auch Sozialbehördensprecherin Petra Bäurle, sollen, „weil umstritten“, bis zum 30. Juni abgebaut werden. Nach einigen Besichtigungen der Schilleroper in den vergangenen Tagen sind die asylsuchenden AfghanInnen jedoch zu dem Schluß gekommen, daß sie dort vom Regen in ein Rattenloch kämen. Zu dunkel, zu niedrig, nicht gelüftet, die Wände aus Pappe – der bauliche Zustand der Schilleroper ist trotz oberflächlicher Sanierung miserabel.

Seit 1990 werden die Baracken um das ehemalige Varieté-Theater als Unterkünfte für Obdachlose und Asylsuchende genutzt. Über 50.000 Mark im Monat hat der Eigentümer Eberhard Ehrhardt bislang für die Vermietung vom Bezirks-Sozialamt eingestrichen. Diese Nutzung war Ehrhardt erst im vergangenen November weiter garantiert worden. Zum – nach dem Baurecht vorgesehenen – Umbau des Komplexes in ein seit langem benötigtes Stadtteilzentrum mochte weder die Bezirksverwaltung Mitte noch die SPD-Mehrheit der Bezirksversammlung den Eigentümer verpflichten.

Von dem geplanten Umzug in die lukrative Immobilie wurden die afghanischen Familien erst am vergangenen Donnerstag informiert – gestern kündigte ihr Hausmeister an, ab dieser Woche würden ihre Möbel vor die Tür gestellt. „Bei vergleichbaren Aktionen“, berichtet Flüchtlingsratler Fahr, „wurden die Bewohner der Unterkünfte von einem verantwortlichen Menschen besucht und informiert.“

Warum das in diesem Fall nicht geschehen sei, konnte sich gestern niemand erklären. Auch für die taz waren die Zuständigen im Bezirk gestern nicht zu erreichen.

Ulrike Winkelmann

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