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Sozialschnüffler in Bayern gesucht

Bad Tölz schreibt Stellen für „Mißbrauchsermittler“ aus. Im Main-Kinzig-Kreis kontrollieren bereits Sozialamtsmitarbeiter auffällige Klienten und entlasten die Gemeindekasse  ■ Aus Berlin Annette Rogalla

Hans-Ulrich Menrad ist so vorsichtig, wie Pressesprecher eben sind. Besonders wenn es um Stellenausschreibungen wie diese geht. Gesucht werden derzeit in Bad Tölz „Mißbrauchsermittler in der Sozialhilfe“. Was er privat darüber denkt, will er lieber nicht sagen, „aber ich muß es positiv verkaufen“. Eine delikate Aufgabe.

Von den Bewerbern wird einiges erwartet: „Verhandlungsgeschick, sicheres Auftreten, einwandfreier Leumund und die Bereitschaft, sich die notwendigen rechtlichen Kenntnisse im Sozialrecht anzueignen“, so die Stellenausschreibung in diversen Lokalblättern. Der Job wird mager entlohnt: 610 Mark im Monat sollen die Schnüffelnasen bekommen. Auf Bauerndörfern sollen sie nach jenen fahnden, die sich Sozialhilfe oder einen Teil des Geldes erschleichen. Ein begehrter Job. Gestern hatten schon zwei pensionierte Bundeswehrsoldaten ihre Bewerbungsunterlagen eingereicht und auch eine Wach- und Schließgesellschaft. Die Kandidaten entsprechen dem Anforderungsprofil, das die Mitarbeiter des Sozialamts sich wünschen. „Recherchestark sollen sie sein“, sagt Menrad. Pensionierte Polizisten sind ebenfalls willkommen. „Die können ermitteln und kennen ihre Grenzen vielleicht besser.“

Die Stellenausschreibungen gingen nicht glatt über die Bühne. Zuvor hatte sich der Sozialhilfeausschuß des Landkreises heftig darüber zerstritten. „Auf welcher Grundlage schicken Sie die Leute los?“ wollte Fabian von Xylander, SPD, vom Landrat wissen. Der mußte passen. Eine systematische Untersuchung, die die Höhe des angeblichen Mißbrauchs quantifiziert, existiert nicht. Menrad weiß aber, was die Stellen den Landkreis kosten werden: etwa 100.000 Mark pro Jahr. Eigentlich findet er die Detektive in Bad Tölz überflüssig. „Wir leben doch auf dem Land, wo sowieso jeder jeden kontrolliert“, sagt Menrad.

Anders im Main-Kinzig-Kreis, nahe Frankfurt. Seit vergangenem Jahr überprüfen dort vier Kontrolleure 26.000 Sozialhilfeempfänger. Mitunter postieren sie sich am Zahltag vor dem Sozialamt und schauen, wer sich auffällig verhält. „Es ist schon vorgekommen, daß ein Sozialhilfeempfänger im dicken Schlitten vorfährt“, sagt Pressesprecher Heinrich Sülzer. Oder eine Familie stelle alle zwei Jahre einen Antrag, die Wohnung streichen zu lassen. Dann treten die Außendienstmitarbeiter in Aktion. Sie suchen die Betroffenen auf und fragen nach den Gründen für die Schönheitsreparatur. „Wir hatten auch schon mal jemanden, der nebenbei illegal Autos verkauft hat“, so Sülzer. Mit Schnüfflern seien die Kontrolleure nicht zu vergleichen. Sie seien ausgebildete Sozialamtsmitarbeiter, die ohne Befugnis arbeiteten. Durch die Kontrollgänge habe jeder von ihnen im vergangenen Jahr 250.000 Mark „in die Gemeindekasse reingeholt“. Doch im Main-Kinzig- Kreis ist ohnehin einiges anders als in anderen Verwaltungen. Mitarbeiter aus der Gesundheitsbehörde, dem Jugendamt und der Sozialbehörde kümmern sich um Erstanträge. „Nach dieser ganzheitlichen Beratung brauchen viele keine Sozialhilfe mehr, weil andere Ämter sie auffangen“, sagt Sülzer. Außerdem bemühe man sich über die kreiseigene Zeitarbeitsfirma, Sozialhilfeempfängern reguläre Arbeit zu vermitteln. Seit Anfang des Jahres habe man 83 Leute untergebracht. Erst dieses Zusammenspiel von Arbeitsvermittlung und komprimierter Hilfestellung beim Antragsverfahren lasse die Sozialverwaltung effizient arbeiten, sagt Sülzer. Von ungelernten Sozialdetektiven, wie sie künftig in Bad Tölz umherschweifen werden, hält er nichts. „Das ist absoluter Käse.“

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