Die soziale Sparflamme

Landesrechnungshof fordert „geringsten vertretbaren Aufwand“für soziale Leistungen und Aus für „unappetitlichen“Biomüll  ■ Von Heike Haarhoff

Sparen kennt keine Tabus. Auch die Staatsausgaben für sensible Bereiche wie die Integration Behinderter, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder Wohnraum für Sozialhilfeempfänger müssen drastisch zusammengestrichen werden. Verkauf von Tafelsilber wie HEW und Landesbank sowie personelles Aushungern der Verwaltung allein reichen nicht, „die immer neuen Finanzierungslücken“im Hamburger Haushalt zu stopfen.

Das ist die Botschaft des Landesrechnungshofs, der gestern seinen Jahresbericht 1997 mit vielen Spartips für den Senat vorlegte. „Frühestens im Jahr 2000“, so Rechnungshofs-Präsident Hermann Granzow, werde der Betriebshaushalt ausgeglichen sein, in dem derzeit zwei Milliarden Mark fehlen.

Soziale Infrastruktur, so die Sparkommissare, soll zwar weiterhin als Staatsaufgabe erhalten bleiben, aber nur „mit dem geringsten noch vertretbaren Aufwand“. So sollten Sozialhilfeempfänger in kleineren und billigeren Wohnungen untergebracht werden. „Die Bemessungsgrenzen“für Sozialwohnraum seien „veraltet“, so der Rechnungshof. Diesen Schwarzen Peter schiebt die Baubehörde, die die Quadratmetergrenzen im sozialen Wohnungsbau festlegt, der Sozialbehörde zu. Deren Sache sei es, findet Sprecher Matthias Thiede, arme Familien in kleinere Wohnungen zu verfrachten.

Gespart werden soll auch bei den Kindergärten: Mehr Kinder bei Laune halten mit der gleichen Anzahl von Erziehern, lautet das Motto. Im übrigen müßten Sozialarbeiter mindestens 75 Prozent ihrer Arbeitszeit tatsächlich zur Betreuung aufwenden. Derzeit verbrächten sie zuviel Zeit mit Verwaltungsaufgaben, was zu sozialen Mißständen wie in Neuwiedenthal führe, wo Jugendclubs am Wochenende geschlossen haben.

So richtig aber stinkt dem Kontrollgremium die Hamburger Abfallpolitik. Biomüll sei bei der Sammlung dreimal so teuer wie Hausmüll. Nachweisbar sei weder wirtschaftlicher noch ökologischer Nutzen, dafür aber der „unappetitliche Gestank im Sommer“. Was für Granzow „nicht hinnehmbar“ist, verteidigt Umweltbehörden-Sprecher Kai Fabig als „ökologisch sinnvoll“und „von der Bürgerschaft politisch gewollt“.

Kritik hagelt es auch an anderen Behörden, von denen viele „leider den Überblick verloren“hätten. Die Kulturbehörde zum Beispiel könnte vier von sieben Abteilungen dichtmachen, wenn sie nicht ständig „mehrere Instanzen zugleich mit einer Aufgabe“beschäftigte. Und der Justizkasse seien Millionen durch die Lappen gegangen, weil Forderungen nicht rechtzeitig erhoben wurden.

Überdacht werden müßten sämtliche öffentlichen Zuwendungen, beispielsweise für Theater oder Wirtschaftsunternehmen. Von diesen 1,3 Milliarden Mark im laufenden Haushalt hält Granzow 250 Millionen für „technisch disponibel“. Wäre er Finanzsenator, würde er mindestens 50 Millionen abspecken. Was bei dem milliardenschweren Haushaltsloch immerhin nicht nichts wäre.