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„Von morgens bis abends Alarm“

■ Helmut Schulte, neuer Manager des VfB Lübeck, im taz-Gespräch: „Möglich ist alles“

Seit zwei Wochen ist Helmut Schulte Manager beim Zweitliga-Aufsteiger VfB Lübeck, dem ersten schleswig-holsteinischen Profiverein nach fünfzehnjähriger Abstinenz. Der ehemalige Trainer des FC St. Pauli bittet nun täglich zu Vertragsgesprächen, während sich Michael Lorkowski, Freund aus gemeinsamen Hamburger Tagen, als Coach um das körperliche Wohlergehen der Spieler sorgt. Jetzt sollen auch noch André Golke und Markus Aerdken nach Lübeck kommen – Millerntor-Nostalgie an der Lohmühle? Die taz sprach mit Schulte über Lübeck, Lorko und Langeweile.

taz: Sie waren Trainer beim FC St. Pauli, in Dresden und auf Schalke. Ist Lübeck dagegen nicht entsetzlich langweilig?

Schulte: Im Gegenteil, hier ist von morgens bis abends Alarm, ich habe sehr, sehr viel zu tun. Kein Spieler hatte einen Vertrag für die zweite Liga, die müssen jetzt erst einmal ausgehandelt werden. Außerdem werden wir mit Michael Lorkowski und der Mannschaft schon dafür sorgen, daß es nicht langweilig wird...

Klingt ganz schön forsch. Richtet sich der Blick nicht nach unten, wenn die Aufstiegs-Euphorie erstmal verflogen ist?

Natürlich werden wir um den Klassenerhalt kämpfen. Aber gerade im Tabellenkeller ist es ja aufregend.

Lorkowski sprach allerdings schon davon, daß die zweite Liga für den VfB Lübeck nur eine Durchgangsstation sein könne. Entsteht hier das „Freiburg des Nordens“?

Wir wollen nicht sofort nach oben durchrauschen, das hat Lorko auch so nicht gemeint. Wir brauchen sicher noch ein paar Jahre Zeit. Aber warum sollte die Stadt Lübeck mit ihren 220.000 Einwohnern nicht irgendwann in der Bundesliga spielen? Möglich ist alles, vor allem mit einem Trainer Lorkowski.

Und wenn der es nicht schafft, stünden Sie als Nachfolger ja gleich bereit...

Ich werde Lorkowski als Trainer hier nicht beerben – das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Als wir über unsere Zusammenarbeit gesprochen haben, war dieses Thema nach zehn Sekunden erledigt: Er ist Trainer, ich bin Manager – und dabei wird es bleiben.

Gerade als Manager des VfB dürfte Ihre Freude über den Aufstieg des FC St. Pauli eher gedämpft gewesen sein.

Nein, hauptsächlich habe ich mich gefreut, auch wenn wir gegen St. Pauli ein ausverkauftes Haus gehabt hätten. Was gibt es schöneres als Bundesliga-Fußball am Millerntor? Da macht es einfach am meisten Spaß.

Die Wiedersehensfreude mit den Fans vom Kiez wird verschoben?

Natürlich hätten gerade Michael und ich gerne am Millerntor gespielt, aber vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr – so oder so...

Die Fans der Braun-Weißen würden sich auf Sie und Lorko freuen, aber nicht unbedingt auf den Lübecker Anhang, in dem sich ja die rechte Szene breitmachen soll, wie man hört.

Es gibt in jeder Fan-Szene ein paar, die auf Krawall aus sind, das ist hier sicher auch der Fall. Aber in letzter Zeit ist definitiv nichts passiert – auch beim letzten Spiel in Kiel (Lübeck schlug Hoisdorf und stieg damit auf, Anm. d. Red.) war alles absolut friedlich. Wir sind ganz guter Dinge, daß wir mit unseren Fans genauso viel Spaß haben werden wie die St. Paulianer mit ihren.

Fragen: Albrecht Breitschuh

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