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„Weg von der Klagemauer“

■ Hochschule Bremen will nach Grohn umziehen. Die Professoren fühlen sich jedoch von Rektor Mönch getäuscht

„Wir wollen nicht jeden Tag an der Klagemauer stehen und beim Staat um Geld betteln, das wir nicht bekommen. Wir wollen unser Schicksal selber in die Hand nehmen“. Mit diesen Worten rechtfertigt Rektor Ronald Mönch die Pläne der Hochschule Bremen für einen Umzug nach Grohn. Im Zuge der Verlagerung soll, wie berichtet, unter anderem eine private Tochter-Hochschule gegründet werden, die über Studiengebühren auch von Studenten aus Asien und Lateinamerika finanziert werden soll. Der Umzug soll 300 Millionen Mark kosten und nach dem Vorbild des Technologieparks an der Universität, High-Tech-Unternehmen nach Bremen-Nord locken. Auf dem neuen Campus erwartet Mönch einen qualitativen Quantensprung der Hochschule.

Der Akademische Senat (AS) hat vorgestern den Umzug und eine Weiterentwicklung der Hochschule grundsätzlich unterstützt. Wie es allerdings zu dem Beschluß kam, das schmeckt so manchem Mitglied des Gremiums gar nicht. Besonders die Professoren fühlen sich vom Rektor massiv unter Druck gesetzt. Sie wollten die Vorlage vertagen und in den Fachbereichen diskutieren. Mönch dagegen drängte: Die Haltung der Hochschule müsse jetzt klar sein, weil in der Politik Vorentscheidungen für oder gegen einen Umzug anstünden.

Im Durcheinander gelang dem Rektor nach übereinstimmender Schilderung von Sitzungsteilnehmern ein kleiner, aber entscheidender Coup. Die Profs wollten den Umzug zunächst nur dann grundsätzlich begrüßen, wenn dadurch die Arbeitsbedingungen an der Hochschule verbessert würden. Im Beschluß wurde nun aber das wenn durch das Wort damit ersetzt und so Zusammenhänge hergestellt, die viele Kritiker so klar nicht sehen. Auch habe man ausdrücklich das 200 Seiten starke Konzept des Rektorats nicht als Grundlage des Beschlusses genommen. Mönch stellte dennoch gestern vor der Presse sein Papier als Beschlußgrundlage der Hochschule dar.

„Es sei nicht anzunehmen, daß der Staat ohne einen Umzug die erforderlichen Investitionen für die Hochschule vornimmt, sagte Mönch. Mit diesem Argument holte er sich auch die Zustimmung der Studentenschaft. „Wenn wir in Grohn eine anständige Ausstattung kriegen, sind wir für den Umzug“, sagte Annette Volkens vom AStA. Es dürfe aber keine Zwei-Klassen-Gesellschaft von zahlenden und nicht zahlenden Studierenden geben. „Wenn das passiert, sind wir gegen die Privat-Hochschule“.

Der Wissenschaftsbehörde ist die finanzielle Basis der privaten Hochschule nicht klar, die laut Mönch einmal 3.000 Studenten haben und von jedem Studiengebühren von bis zu 10.000 Mark im Jahr kassieren soll. Es dürfe keine Vermischung des privaten mit dem öffentlichen Geld geben, hieß es. Auch dürfe kein Bremer Präzedenzfall geschaffen werden, der an der geltenden Hochschulgesetzgebung vorbeigehe. jof

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