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Die Fürsorge Ankaras reicht bis Berlin

In der Türkischen Gemeinde kämpfen die religiösen Mitglieder gegen die Kemalisten. Sogar der Nationale Sicherheitsrat in Ankara versucht, den Streit zu schlichten, doch die Fronten stehen  ■ Von Rüdiger Soldt

Berlin (taz) – In seiner Weihnachtsansprache rief der türkische Generalkonsul Riza Erkemenoglu die in Berlin lebenden Türken noch zur Besonnenheit auf. Der Diplomat wollte einen offenen Machtkampf in der Türkischen Gemeinde verhindern. Doch die warmen Worte des Diplomaten halfen nichts.

Nachdem der umstrittene langjährige Vorsitzende Mustafa Turgut Çakmakoglu im Januar abgewählt worden war, brach in der wichtigsten Organisation türkischstämmiger Berliner ein erbitterter Machtkampf aus: Çakmakoglu und seine Mitstreiter versuchen, den Einfluß der religiös-islamischen Gruppe um Sabri Adak zurückzudrängen.

Die Kontrahenten gehen nicht gerade zimperlich miteinander um: Çakmakoglu erkennt seine Abwahl nicht an. Seine Gegner verleumden ihn und behaupteten, er habe drei junge Frauen sexuell belästigt.

Als sich die verfeindeten Gruppen in der Türkischen Gemeinde monatelang nicht auf einen Kompromiß einigen konnten und die Schlammschlacht zwischen Çakmakoglu und Adak kein Ende nahm, wurden die Militärs in Ankara offensichtlich unruhig. Der „Nationale Sicherheitsrat“, ein verfassungsmäßiges Gremium, über das der Generalstabsschef und die Oberkommandierenden der Streitkräfte die Regierung massiv beeinflussen, schickte kürzlich zwei Mitarbeiter nach Berlin: Enver Var und Nurdogan Kiliç sollten den Streit schlichten. Fünf Stunden diskutierten die Emissäre im Kulturzentrum des türkischen Generalkonsulats, um die Landsleute wieder auf Linie zu bringen. „Seit der Gründung der Türkischen Gemeinde 1985 hat es ein solches geheimes Treffen nicht gegeben“, sagt Mesut Yeter, Berliner Korrespondent der halbamtlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Mustafa Çakmakoglu, CDU, dem gute Kontakte zu hohen Offizieren des „Nationalen Sicherheitsrates“ in Ankara nachgesagt werden, findet das Treffen nicht außergewöhnlich. Die Unabhängigkeit der Türkischen Gemeinde sei durch die Intervention des Sicherheitsrates nicht gefährdet: „Wir sind eine unabhängige Organisation, wir führen Gespräche mit allen Organisationen, aber das heißt nicht, daß wir unsere Unabhängigkeit preisgeben.“

Kritiker werfen Çakmakoglu vor, bereits im Januar bei einem Türkeibesuch erneut Kontakt zum „Nationalen Sicherheitsrat“ gesucht zu haben. Dabei ging es vermutlich auch um die Pläne des islamistischen Ministerpräsidenten Necmettin Erbakan. Er wollte Milli Gürüs, die Auslandsorganisation der fundamentalistischen Wohlfahrtspartei, zur wichtigsten Auslandsvertretung machen. Der vom Militär dominierte „Sicherheitsrat“ hat diesen Plan erfolgreich verhindert und versucht nun, die Fraktionierung der Türkischen Gemeinde in einen kemalistischen und einen eher religiös-islamischen Flügel zu verhindern. „Die wollen einen türkischen Ignatz Bubis haben, der für alle Türken spricht“, sagt Ali Yildirim, vom türkischen Fernsehsender AYPA TV. Yildirim glaubt nicht, daß die Mitarbeiter des Sicherheitsrates direkt Druck ausgeübt haben: „Die haben wahrscheinlich eher väterlich gesagt: ,Kinder, vertragt euch wieder!‘“

Der Machtkampf in der Türkischen Gemeinde geht indes weiter: Am 13. April wurde Çakmakoglu erneut zum Vorsitzenden gewählt. Aber auch bei dieser Wahl sei gegen die Satzung verstoßen worden: Die Delegierten der religiösen Ditip-Vereine, sagt Ali Yildirim, seien nicht satzungsgemäß eingeladen worden. Zudem seien auch Journalisten von wichtigen türkischen Zeitungen von der Veranstaltung ausgeschlossen worden.

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