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Bahn plant Parkhaus mit Gleisanschluß

■ Bahn AG lobt neuen Bauwettbewerb für den ICE-Bahnhof Papestraße aus. Zwei 350 Meter lange Parkhäuser sollen die Fernbahngleise deckeln. Grünverbindung von Schöneberg nach Tempelhof gekippt

Für den geplanten Bahnhof Papestraße lobt die Deutsche Bahn AG einen neuen Bauwettbewerb aus. Danach soll der ICE-Haltepunkt am S-Bahn-Knoten zwischen den Bezirken Schöneberg und Tempelhof deutlich kleiner ausfallen als bisher vorgesehen. Von einem angedockten Geschäfts- und Bürozentrum wird in der Ausschreibung ebensowenig die Rede sein wie von der angedachten Grünverbindung zwischen den Bezirken. Als Vorgabe will die Bahn AG allerdings an der Entwicklung zweier riesiger Parkhäuser mit 2.400 Stellplätzen festhalten, die den „Autofahrerbahnhof“ (Bahn AG) zu beiden Seiten einrahmen sollen.

„Die Auslobung wird in der zweiten Jahreshälfte 1997 erfolgen. Dazu sollen Architektenteams eingeladen werden“, erklärte Ulrich Langner, Projektleiter der Bahn AG, auf einer Diskussionsrunde des Bezirks Schöneberg. Bereits im Februar hatten die Bahnbosse signalisiert, den vorläufigen Entwurf des Frankfurter Architekturbüros JSK Perkins & Will zu kippen. Der Bahnhof Papestraße – nach dem Lehrter Zentralbahnhof dann der zweitgrößte in der Stadt – soll 2002 in Betrieb gehen.

Die Ausschreibung für die Gestaltung der Bahnhofshalle, der Eingangsbereiche und zweier großer Parkhäuser, so Langner, werde nötig, da die Flächen des Bauvorhabens aus wirtschaftlichen Gründen „drastisch reduziert werden müssen“. Für einen Bahnhof samt Geschäftsviertel und die Grünverbindung nach Tempelhof stünden derzeit weder die Mittel zur Verfügung, noch stehe fest, daß sich die Flächen vermarkten ließen. Der Fernbahnhof mit vier Bahnsteigen erhalte nur noch eine Höhe von 22 Metern. An der Idee der vierstöckigen und 350 Meter langen Parkhäuser direkt über den Gleisanlagen werde festgehalten. Langner: „Wer nicht an die Bahn ranfahren kann, der nutzt sie nicht.“

Kritik am Verfahren und dem neuen Konzept mußte sich der Bahn-Projektleiter von Julien Wékel, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, von Schönebergs Exbaustadträtin Sabine Ritter (Bündnisgrüne) und dem Planer Wulf Eichstädt gefallen lassen. Das Land Berlin halte nach wie vor an der städtebaulichen Idee aus dem Jahre 1991 für den Fernbahnhof, das geplante Quartier und die Grünverbindung zwischen den Bezirken fest. „Wir fühlen uns dem Wettbewerbsergebnis von damals verpflichtet“, betonte Wékel.

Die Bahn AG habe in der Vergangenheit, statt über die anstehenden ökonomischen und planerischen Probleme zu reden, „aber das Gespräch mit dem Senat abgebrochen“. Jetzt komme es darauf an, „beschleunigt“ über die Knackpunkte zu verhandeln, sagte Wékel. Das Land hatte 1991 einen Bauwettbewerb ausgelobt, in dem entschieden worden war, auf dem linsenförmigen Areal zwischen Schöneberg und Tempelhof einen Fernbahnhof sowie ein neues Stadtquartier für Wohen und Geschäfte inklusive Grünflächen zu entwickeln.

Nicht einverstanden mit den Vorstellungen der Bahn AG zeigten sich auch Ritter und Eichstädt. Die alte Idee, die beiden voneinander getrennten Stadtbezirke zu verbinden, „fehlt in den Planungen der Bahn jetzt“, sagte Eichstädt, der den früheren Bauwettbewerb betreut hatte. Außerdem, so Ritter, sei die Vorstellung, dort keinen Stadtplatz und keine grüne Achse mehr realisieren zu wollen, gegen die Interessen des Bezirks gerichtet. Statt das ganze Geld in Überlegungen für die beiden großen Parkhäuser zu stecken, wäre es sinnvoller, „mehr Hirnschmalz“ in das Grünkonzept und in die Stadtentwicklung vor Ort zu investieren. Rolf Lautenschläger

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