Wegen Mordes verurteilt

■ Serbisches Gericht verhängt hohe Haftstrafen gegen Muslime aus Srebrenica

Wien (taz) – Ein Gericht in der serbischen Republik Bosniens hat gestern drei Muslime aus Srebrenica wegen Mordes an vier Serben zu je zwanzig Jahren Haft verurteilt. Vier weitere Mitglieder der angeblichen „Terroristengruppe“ müssen wegen illegalen Waffenbesitzes je ein Jahr ins Gefängnis. Der UNO-Sprecher in Sarajewo, Alexander Ivanko, nannte das Urteil eine „Parodie des Rechts“, da den Angeklagten keine Möglichkeit auf eine eigene Verteidigung zugestanden wurde und das Gericht die Vorwürfe der Anklage nicht „neutral abgewägt habe“. Diese Erklärung muß für die bosnischen Muslime wie Hohn klingen: Erst durch Beihilfe amerikanischer UNO- Soldaten konnte es zu dem dubiosen Prozeß überhaupt kommen. Am 10. Mai 1996 stellten sich sieben muslimische Soldaten einer Patrouille der internationalen Friedenstruppe Ifor. Die Männer beteuerten, sie seien Überlebende des Massakers serbischer Soldaten in der UNO-Schutzzone Srebrenica und hätten sich ein Jahr in den Bergen unweit Srebrenicas versteckt. Die US-Streife schenkte diesen Angaben keinen Glauben und lieferte die sieben Muslime an die nächste serbische Polizeistation in Zvornik aus. Die serbischen Behörden unterstellten den Männern wenige Tage später, den Mord an vier am 2. Mai 1996 bei Srebrenica entführten Holzfällern begangen zu haben. Obwohl von den Opfern bis heute jede Spur fehlt, hielt das Gericht an der Darstellung der Anklage fest, bei den Muslimen handle es sich um eine „islamische Terroristengruppe“, die für die Morde verantwortlich sei. Karl Gersuny