piwik no script img

Wahlen gefährdet

■ Heftiger Streit unter Albaniens politischen Parteien um neues Wahlrecht

Tirana (AP) – Tiefe Meinungsverschiedenheiten zwischen den politischen Parteien gefährden nach den Worten des albanischen Justizministers Spartak Ngjela die für Ende Juni geplante Wahl in dem krisengeschüttelten Balkanland. Dies könne alle Hoffnungen auf eine Rückkehr zur Normalität und ein Ende der Gewalttätigkeiten im Land zunichte machen, sagte Ngjela gestern im Gespräch mit Reportern in Tirana.

Als Hauptstreitpunkt zwischen den Parteien nannte Ngjela das Wahlrecht. Während die konservative Demokratische Partei des Präsidenten Sali Berisha die Beibehaltung des Mehrheitswahlrechts fordert, das die großen Parteien begünstigt, fordert die Opposition die Einführung des Verhältniswahlrechts, das auch kleineren Parteien eine Chance gibt, Abgeordnete ins Parlament zu entsenden. Mit Hilfe des Mehrheitswahlrechts hatte Berishas Demokratische Partei bei den Parlamentswahlen im Juni vergangenen Jahres alle 115 Direktmandate gewonnen. Die OSZE und die USA hatten teilweise schwere Verstöße gegen das Prinzip freier und fairer Wahlen reklamiert, wie mehrfache Stimmabgaben und Manipulationen bei der Auszählung. In 17 der 115 Wahlkreise war deshalb ein zweiter Urnengang anberaumt worden. Die Sozialisten hatten den zweiten Durchgang der Wahl boykottiert.

Neben dem Parteienstreit gibt es Ngjela zufolge aber noch andere Schwierigkeiten, die einer ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl im Wege stehen. Es mangele an einer grundlegenden Infrastruktur für Wahlen. So gebe es keine Wählerverzeichnisse mehr, nachdem bei den Unruhen der vergangenen Monate Rathäuser und Gemeindebüros in vielen Orten niedergebrannt und geplündert worden seien, sagte der Minister. Auch seien viele Menschen ins Ausland geflüchtet. Wegen des Fehlens von Wählerlisten prüfe die Regierung derzeit, Wähler mit nicht abwaschbarer Tinte zu kennzeichnen, um zu verhindern, daß eine Person mehrmals ihre Stimme abgeben kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen