: Drogenfahnder in eigenen Geschäften unterwegs
■ Seit gestern läuft in Vietnam ein Prozeß gegen 22 Drogenhändler. Auch Polizisten und Staatsbeamte sitzen auf der Anklagebank. Zehn von ihnen droht die Todesstrafe
Bangkok (taz) – Die Stunde seiner Hinrichtung stand schon fest, da entschied sich der wegen Drogenhandel zum Tode verurteilte Sieng Pheng, zu reden: Er nannte die Namen seiner Hintermänner. Vierzig Männer und Frauen gingen der Polizei daraufhin ins Netz. Gegen 22 von ihnen begann gestern der Prozeß in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi.
Nach Ansicht der Behörden gehören sie zum größten internationalen Drogenhändlerring, der je in Vietnam aufgeflogen ist. Er soll mindestens dreihundert Kilogramm Heroin aus dem Goldenen Dreieck, das zwischen Thailand, Laos und Birma liegt – nach Vietnam geschmuggelt haben.
Das öffentliche Interesse an diesem Verfahren ist groß: Zwölf der Angeklagten sind Polizisten, darunter mehrere Drogenfahnder aus dem vietnamesischen Innenministerium. Der Präsident des Volksgerichts kündigte bereits an, daß mindestens zehn Angeklagte mit der Todesstrafe rechnen müssen.
Einer von ihnen, Polizeihauptmann Vu Xiang Truong, hat versichert, er werde kooperieren, wenn die Richter gegenüber seiner – ebenfalls von der Todesstrafe bedrohten – Ehefrau Milde walten lassen. Truong sagte, er werde einige hochrangige Persönlichkeiten nennen, die hinter dem Drogengeschäft stünden. Truong war im Juli vergangenen Jahres mit 4,9 Kilogramm Heroin festgenommen worden. Wer mindestens ein Kilo Heroin besitzt oder damit handelt, wird in Vietnam mit fünf Kugeln in den Körper und einer Kugel in den Kopf hingerichtet.
1995 waren zwei Laoten in Vietnam mit fünfzehn Kilogramm Heroin festgenommen worden. Einer von ihnen war Sieng Pheng, der den Drogenhändlerring später hochgehen ließ. Die vietnamesische Regierung versucht seit einigen Jahren mit scharfen Kampagnen gegen den Drogenkonsum und -handel im Land vorzugehen. Der Opiumanbau ist seit Anfang der neunziger Jahre von rund siebzig auf zehn Tonnen gefallen.
Dennoch wird das Problem immer drängender: Vietnam ist zu einem wichtigen Drogentransitland geworden. Die Grenzen zu den Nachbarländern sind durchlässig, viele der Beamten korrupt. Ein großer Teil des Heroins gelangt nach Hanoi und wird von dort aus in die USA, nach Australien oder Ostasien geflogen oder über den Hafen von Haiphong per Schiff in alle Welt transportiert.
Gleichzeitig nimmt die Zahl der Drogenabhängigen in Vietnam drastisch zu: Nach offiziellen Angaben holen sich heute in Vietnam mindestens 130.000 Fixer ihren täglichen Schuß. Viele sind mit dem Aids-Virus infiziert. Jutta Lietsch
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