: Good bye, Johnny!
■ Nach der schlimmsten Wahlniederlage der Tories seit 1832 tritt John Major unerwartet auch als Parteivorsitzender zurück – der britische Premierminister Tony Blair benennt derweil die ersten Mitglieder der neuen Labour-Regierung
London (taz) – Tony Blair hat bereits begonnen, Großbritannien zu regieren – John Major ist schon in der Versenkung verschwunden. Nach dem großen Wahlsieg der Labour-Partei bei den Parlamentswahlen vom Donnerstag gab der bisherige Premierminister Major gestern auch als Parteiführer auf. Bevor er traditionsgemäß zur Queen fuhr, um das Amt des Premierministers abzugeben, verkündete er seinen Rücktritt als Führer der Konservativen. „Wenn der Vorhang fällt, ist es Zeit, von der Bühne zu gehen, und das will ich auch tun“, sagte Major, der die Konservativen in eine der schwersten Niederlagen ihrer Geschichte geführt hat. Er will jedoch im Amt bleiben, bis ein Nachfolger gefunden ist. Nach seinem Abschied ging er mit seiner Familie ein Kricket- Match angucken.
Der komplette Absturz der britischen Konservativen bei den Wahlen führt somit möglicherweise zu ihrer Desintegration. Es wird erwartet, daß die Führer aller Parteiflügel, die vor allem um die Europapolitik streiten, sich um Majors Nachfolge bewerben. Bewerber müssen jeweils von zehn Prozent der Abgeordneten nominiert werden, was ihre Zahl naturgemäß begrenzt. Da es nun aber nicht mehr gar so viele Tories im Parlament gibt, haben es Möchtegernkandidaten einfacher als vorher. Nach Auszählung von 649 der 659 Wahlkreise lag gestern nachmittag die Labour-Partei mit 419 Mandaten uneinholbar vorn. Auf die Konservativen entfielen 163 Sitze, auf die Liberaldemokraten 45, auf die walisischen Nationalisten 4 und die schottischen Nationalisten 6. Für die Konservativen war es das schlechteste Ergebnis seit 1832, für die Liberaldemokraten das beste seit den 30er Jahren, für Labour das beste ihrer Geschichte. Niemals seit Churchill im Zweiten Weltkrieg hat ein britischer Regierungschef eine so große Mehrheit gehabt wie Tony Blair (43) – der jüngste britische Premierminister seit 1812. Im neuen Unterhaus sitzen auch 118 Frauen – ein weiterer Rekord.
Tony Blair zog gestern mit seiner Familie in seinen Amtssitz in der Londoner Downing Street ein. Am Abend ernannte er bereits die ersten Mitglieder seines Kabinetts. Neuer Außenminister wird der Schotte Robin Cook (51), Vizepremierminister wird John Prescott (58). Innenminister soll Jack Straw werden, neuer Schatzkanzler Gordon Brown (46). Dominic Johnson
Tagesthema Seiten 2 und 3
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen