Kontaktschach für etwas Kräftigere

■ Morgen Start der American-Football-Saison: Blue Devils im Eurobowl gegen Madrid Panteras

Die Anweisungen der Trainer sind kaum zu verstehen. Wahrscheinlich soll es „Go!“heißen. Doch die Spieler, die beinahe auf ihren Zehenspitzen tänzeln, wissen auch so, was von ihnen nicht nur im Training erwartet wird: Sie fangen im Laufen mit einer Hand ein ihnen zugeworfenes Lederei. Das muß auch so sein, schließlich gehören sie zur Offense, zu denen, die beim American Football angreifen und das Spiel nach vorne gestalten sollen: die Kreativ-Abteilung.

Ein paar Schritte weiter üben die Verteidiger. Zwei junge Männer stehen einen Meter auseinander. Der eine geht kaum merklich in die Hocke. Auf Kommando wuchtet er sich gegen den Brustkorb seines Gegenübers und hebt diesen gleichzeitig ein wenig an, um ihn dann nach hinten zu stoßen. Der rechte Arm schnellt dem Gestoßenen hinterher und endet als schnurgerade Linie mit dem ausgestreckten Zeigefinger. Trainingsalltag bei den Defenses, den Punkteverhinderern.

Ist Football nun ein harter Sport für noch härtere Männer? Die Antwort bereitet Christopher Malewski und Slawomir Rybarczyk Schwierigkeiten. Die beiden Twens haben Football bei den Junior Devils gelernt, der Jugendmannschaft der „Blauen Teufel“. Vergangene Serie, als die Devils Deutscher Meister wurden und den Eurobowl holten, haben sie den Sprung in die erste Mannschaft geschafft. Malewski, Spitzname „Kolumbus“, durfte sogar schon mit einer deutschen Auswahlmannschaft in den USA vorspielen.

„Hart – was ist hart. Also, brutal ist Football nicht“, sagen die beiden unisono. Damit ist der Vorrat an Übereinstimmung jedoch bereits aufgebraucht. Für Malewski, als Corner Back einer der Defenses, macht der Körperkontakt den großen Reiz aus. „Schnell muß man sein“, weiß der 20jährige. Doch für bestimmte Positionen innerhalb der Verteidigung sei etwas anderers wichtiger: die Körpermasse. Sagt der 1,78 Meter große und fast 80 Kilogramm schwere Malewski.

Der 21jährige Rybarczyk, Wide Receiver und somit Offense, sieht den Kick auf einer völlig unkörperlichen Ebene: „Football ist nicht so langweilig wie Fußball.“Nicht immer dieselben Spielzüge: „Ständig passiert etwas Neues, aber Kampfsport ist Football nicht.“Andererseits, wendet der 1,87-Meter-Akteur ein: „Ein sehr guter Football-Spieler braucht Kampfgeist, Disziplin und muß Schmerz aushalten können.“Mitläufer gingen unter: „Die Starken überleben.“

Also doch ein harter Sport für noch härtere Männer? Rybarczyk, der vorher die asiatische Kampfsportart Taekwondo betrieben hat, den „Kampf Mann gegen Mann“, findet Boxen oder Rugby härter. Insbesondere bei letzterem seien „Verrückte“am Werk: „Die gehen aufeinander los wie wir und sind überhaupt nicht geschützt.“Verrückte kennt er aber auch vom Football und denkt dabei an die Defenses. Die für die Drecksarbeit; die von ihrer Statur so sind, wie sich die meisten Footballer vorstellen.

„Vor denen mußt du dich als Offense in acht nehmen“, warnt Slawomir Rybarczyk, „wenn du im Spiel nur eine Sekunde träumst, gibt es im Vorbeilaufen was auf die Fresse, möglichst so, daß die Schiedsrichter nichts sehen.“Das seien „unsaubere Spieler“. Gibt es die auch bei den Blue Devils? „Guck dir den an, das ist einer.“

Der angesprochene Christopher Malewski lacht breit und schiebt den Schirm seiner Football-Kappe nach hinten. Unsauber? „Ich rede mit meinem Gegner, sage ihm Sachen, die ihm nicht gefallen, und setze meinen Körper ein.“Das ist harmlos, verglichen mit der Behandlung, die sein „spezieller Geg-ner“erhält: „Mit dem klatsche ich mich nach dem Spiel nicht einmal ab. Wir geben aneinander vorbei und spucken ein bißchen.“

Nun ja, findet Rybarczyk und feilt lieber an seiner Philosophie vom Football: „Das ist Kontaktschach.“Kollege Malewski runzelt die Stirn. Die „Probleme“etwa, die es vorige Serie mit dem Nordrivalen Kiel gab, wurden nicht im rationalen Diskurs geklärt. Wie denn? Eher konkret: Beide komplette Kader gingen ohne Helm aufeinander los. Uwe Wetzner