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„Hase Hase“

Am Anfang geht noch alles gut. Die Töchter sind, bis auf die Kleine, ausreichend gut verheiratet oder verlobt, Söhne und Ehemann sind in Lohn und Arbeit. Die Mutter erfreut sich bester Gesundheit und teilt mit ihrer Familie beim Abendbrot das Glück der kleinen Sorgen. Ein Zustand, der sinnfälligerweise nur solange andauert, bis das erste Kind wieder am Tisch sitzt und die Niederlage seiner eigenen Selbständigkeit gesteht. Geplatzte Verlobungen, gekündigte Jobs oder das Medizinstudium, das keines ist. Das Gesetz der Serie. Söhne und Töchter, selbst der Ehemann – in Hase Hase (von Coline Serreau) scheitern sich alle konsequent zurück zu Mama. Oder wie Papa sagt: „Wenn man schon Dreck frißt, dann kann man das wenigstens zu Hause bei Verwandten tun.“

Nur was tun, wenn alle wieder genau dort angekommen sind, wenn die engen dramaturgischen Grenzen erreicht sind? Es ist diese Stelle, an der die Theaterwerkstatt Lichthof unter der Regie von Mary Stucken sich darauf verlegt, über die Gestalt der jüngsten Tochter Hase den eigenen Kontakt zum Absurden zu organisieren. Unter Zuhilfenahme des Universums und nicht frei von Peinlichkeit wächst sich hier, Vorhang für Vorhang, ein kleiner Kummer zu existentiellen Dimensionen aus.

Schlichtweg die Moral des Planeten Erde steht unvermittelt auf dem Spiel. Ein absurdes Kammerstück wird es deshalb noch lange nicht. Aber ohnehin verläßt die Familie Hase, dem ehrlichen Umgang mit den eigenen darstellerischen Mitteln sei's gedankt, am Ende den Schauplatz sowieso glücklich und zufrieden. Ab nach Hause. Nur Mama Hase bleibt noch einen kurzen Moment lang. Was für diesmal in Ordnung ist.

Elisabeth Wagner

noch heute, 30. und 31. Mai, Theatron, Glashüttenstr. 115, 20 Uhr

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