Das Thema: Briefkastenfirma mit beschränktem Hoffnungsschimmer
■ Mogelpackung oder Chance für die Stadt: Die Initiative „Anstoss“nahm erstmals Stellung zur geplanten Kultur GmbH
Die Kultur GmbH könnte sich als Briefkastenfirma entpuppen, die nur über diese Legislatur-Periode hinweghelfen soll. Mit diesem Urteil haben sich SprecherInnen der Initiative „Anstoss“gestern zum geplanten Reform-Projekt in der Kulturverwaltung zu Wort gemeldet. Insbesondere das Finanzierungsmodell sei völlig unakzeptabel, erklärte der Leiter des Ortsamtes Mitte/Östliche Vorstadt und „Anstoss“-Sprecher Robert Bücking.
Gleichwohl hat sich die Gruppe, der vor allem RepräsentantInnen von kulturellen Institutionen vorwiegend aus dem „bürgerlichen“Spektrum angehören, nicht dazu durchgerungen, das Projekt abzulehnen. „Wir sehen in der Kultur GmbH durchaus auch Chancen“, betonte die Galeristin Katrin Rabus.
Wie berichtet, will der Senat bislang öffentliche Aufgaben ganz oder teilweise privatisieren. Neben dem Liegenschaftswesen oder der Landesentwicklung zählt die Kulturverwaltung dazu. Sie soll schon ab 1998 unter das Dach einer Kultur GmbH überführt und nach den Plänen der zuständigen Senatorin Bringfriede Kahrs (SPD) mit jährlich zehn Millionen Mark mehr als bisher ausgestattet werden. Woher dieses Geld kommen soll, ist auch nach offiziellen Angaben noch genauso unklar wie die genaue Organisationsform der GmbH. Dies und mehr soll bis September mit Hilfe von externen GutachterInnen geklärt werden. Die werden zur Zeit in einem Ausschreibungsverfahren gesucht.
Damit nicht an den Interessen von KulturproduzentInnen und GeldempfängerInnen vorbei begutachtet wird, wollen sich die Initiative „Anstoss“und der Kulturrat fortan stärker einmischen. Denn: „Bis jetzt haben wir nicht den Eindruck, in die Diskussion einbezogen zu sein“, weiß Robert Bücking. Als „entscheidenden Geburtsfehler“bezeichnet er die Finanzierungspläne.
Demnach soll die Kultur GmbH bis zum Jahr 2000 zwar insgesamt 50 Millionen Mark zusätzlich bekommen; der reguläre Kulturetat wird aber zugleich stark um 20 Millionen Mark gekürzt. Was ab 1998 geschieht, ist noch immer fraglich. Was danach passiert, steht in den Sternen. Also folgert der Leiter des Neuen Museums Weserburg, Thomas Deecke: „Wenn Kultur GmbH, dann nur als Lösung für die nächsten zehn Jahre.“
In einem Argumentations-Ping-Pong verbinden die Damen und Herren von „Anstoss“neben ihren Befürchtungen auch zahlreiche Hoffnungen mit dem Projekt. Bücking: „Wenn durch die GmbH zusätzliche Mittel dauerhaft für kulturelle Zwecke gewonnen werden, wäre die Gründung ein Gewinn für die Stadt.“Auch mit einer schlankeren und transparenteren Kulturverwaltung kann sich „Anstoss“anfreunden, wenn nicht zugleich die politische Verantwortung abgegeben wird. Bückings Fazit: „Wir haben gerüttelte Skepsis und sehen Spuren von Hoffnung.“
Bei so vielen Unbekannten und so viel Einerseits-Andererseits ist Hilfe von außen angebracht. Wie Katrin Rabus ankündigte, wollen beide kulturpolitischen Initiativen ab Ende Mai ReferentInnen aus Städten einladen, in denen die Kulturverwaltungen bereits in kommunale Eigenbetriebe umgewandelt worden sind. Für ein weiter dimensioniertes Gedankenfutter sorgt „Anstoss“schon ab Mittwoch. Auf Einladung der Initiative spricht der künstlerische Leiter der Salzburger Festspiele, der als Querdenker bekannte Gérard Mortier, „über die Unverzichtbarkeit der Provokation durch Kunst“.
Auf Mortier sollen in der Reihe „Bremer Reden zur Kultur“prominente ReferentInnen wie der tschechische Präsident Vaclav Havel folgen, um die engen Bremer Grenzen wenigstens in Abendveranstaltungen zu sprengen. ck
Vortrag Gérard Mortier: „Über die Unverzichtbarkeit der Provokation durch Kunst“, Mittwoch, 14. Mai, um 20.30 Uhr im Schauspielhaus; Eintritt zehn (ermäßigt fünf) Mark
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