: Genuß der Freiheit
Erster Raucher-Club gegründet: Kampf gegen Unterdrückung und Ausbeutung ■ Von Silke Mertins
Als eine „House Warming Party“war das Fest angekündigt. Doch die RaucherInnen unter den aufs herzlichste eingeladenen Gästen durften – die Diskriminierung wird bekanntlich immer militanter – nur den Balkon anwärmen. Ergebnis: Alles knubbelte sich in der kühlen Mainacht auf sechs Quadratmetern in der Freiluft-Raucherzone. Man kam fremden Menschen näher, debattierte kurz, ob Unsüchtige das Recht hätten, den knappen Raum auf dem Balkon Nikotin-Abhängigen wegzunehmen. Doch was soll's: Wir sind ja tolerant.
Warum, bleibt dennoch die entscheidende Frage, ist immer nur dort auf Parties etwas los, wo die RaucherInnen eingepfercht werden? Wieso sind Glimmstengel-Verachtende so fad, so langweilig, so verbissen? So engstirnig, blaß, und humorlos? Warum sind NichtraucherInnen so häufig auch Currywurst-Gegner, Vegetarier oder fanatische Müll-Trenner?
Die Antworten waren gestern auf der Rickmer Rickmers vom frisch gegründeten ersten Raucher Club Deutschland (RCD) zu erfahren: Der Raucher an sich ist ein Genießer. Es handelt sich um einen äußerst angenehmen, den Freuden des Lebens zugewandten Zeitgenossen. Die Unterdrückung dieser Spezie (Rauchverbote) und ihre Ausbeutung (Tabaksteuern) nimmt jedoch immer radikalere – von Ausländern (Amerikanern) ins Land geschwemmte – Formen an.
„Dieses Rumwedeln vor meinem Gesicht – da kriege ich Zustände“, faßt der Hamburger Promi-Friseur und erste Club-Vorsitzende Gerhard Meir das Jammertal einer unterdrückten Minderheit zusammen. „Die Deutschen haben das Genießen verlernt. Uns geht es um die Förderung der Genußkultur. Dazu gehören ein gutes Essen und ein gutes Glas Wein ebenso wie eine Zigarre oder Zigarette.“
Mit der Knebelung des Rauchers, so hoffen die sieben Gründungsmitglieder – allesamt aufrechte, rechtschaffene und dem Wohle aller verpflichteten HanseatInnen der feineren Gesellschaft – ist bald Schluß. Denn ab sofort haben die „kriminalisierten“und „militant niedergemachten“20 Millionen deutschen QualmerInnen ein Sprachrohr. „Wir wollen auch in Talk-Shows auftreten“, verrät die zweite Vorsitzende, Sabina Pech.
Denn es geht um mehr als nur aufsteigenden Rauch. Es geht um die Bekämpfung von „Hysterie“und der „Spaltung der Gesellschaft in Raucher und Nichtraucher“. Es geht um Toleranz und Gerechtigkeit. Selbstredend hat der Verein die Gemeinnützigkeit beantragt.
Für seine Gesundheit sei im übrigen jeder selbst verantwortlich. Außerdem „leide ich doch auch unter dem CO2-Ausstoß meiner autofahrenden Mitmenschen, obwohl ich kein Auto habe“, stellt Pech fest. Warum also gleich in die Luft gehen?
Raucher Club Deutschland, Koogestr. 33, 25541 Brunsbüttel, Mitgliedsbeitrag: 40 Mark
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