: Hornbrille aus Mutterleib
■ Das 11. Kabarett-Festival auf Kampnagel mit TV-Stars und Abgetauchten
Die Kampnagler und Kammerspieler haben zusammen ein ausgewogenes Kabarettfestival organisiert: (TV-)Stars (Richard Rogler, Ottfried Fischer), Newcomer (Volker Pispers), Zwischendurch-Abgetauchte (Gebrüder Grosche) und „Diesmal-eigentlich-richtiges-Theater-Spielende“(die Missfits mit Höchste Eisenbahn) werden drei Wochen um die Wette kleinkünsteln.
Die Startnummer macht der Österreich-Import Josef Hader mit seinem nicht mehr ganz neuen, aber immer noch guten Privat-Programm (Fr/Sa, 19.30 Uhr, k6). Mit dem Film Indien zu Kinoruhm aufgestiegen, arbeitet er auf der Bühne „einfach genial normal!“, wie die Süddeutsche Zeitung befand, erzählt aus seinem Leben und spart auch die Geburt nicht aus („zuerst kam die dicke schwarze Hornbrille aus dem Mutterleib...“). Nicht minder spannend: Die Kleinkunstpreis- Ausgezeichneten von Valtorta melden sich nach Mörd folgerichtig mit Oberwasser zurück. Kafkaesk und jandelnd wird man euch eurer Sprache berauben (Sa/ So/Mo, 20 Uhr, k2).
Ars Vitalis ziehen hingegen mit Gartenschlauch, Keksdose und Brausetablette zeitgenössisch Musikalisches durchs Abflußrohr (Fr/Sa/So, 20.30 Uhr, k4). Eher Muzik als Theater heißt ihr Programm zwischen Dada, Monk und Schlager, das mit Gartenschlauch den Gartenzaun zwischen E- und U-Musik überspringen will. Und ein letzter Wochenendtip für Cineasten: Nessi Tausendschöns Von Kopf bis Fuß auf Kino eingestellt (So, 19 Uhr/Mo, 20 Uhr). Mit glänzenden Chansons und unübertroffenen Stummfilmparodien auf jeden Fall lohnenswert.
Beglückend ist auch die bühnenmäßige Wiedervereinigung der Gebrüder Grosche (31. Mai bis 2.Juni, 20 Uhr, k2), bei der Sie Politik getrost vergessen können. Hier hat immer noch „Omma“oder der zu tretende Mülleimer im Stadtpark, „der eh nur rumhängt“, das Sagen.
Letzteres hat beim Kabarettfestival vor allem Ulrich Waller, der das Programm, dieses Jahr unter dem Motto Was tun, bereits seit zehn Jahren organisiert. Hauptberuflich ist Waller Intendant der Hamburger Kammerspiele, wo zwei Wochen vor Beginn des Festivals die Missfits Fitzgerald Kusz' Höchste Eisenbahn auf die Bühne brachten. Warum die Produktion, die erklärtermaßennicht Kabarett sein will, nun trotzdem Teil dieses Kleinkunstfestivals ist, ist unverständlich. Wo doch Kabarett nur die „vom Feuilleton immer noch ungeliebte kleine Schwester des Theaters“ist. Sagt Ulrich Waller, nebenbei auch Regisseur von Höchste Eisenbahn. Immer schön, wenn sich die große Schwester mal mit der kleinen abgibt, gell?
Klaus Rathje
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