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Getrommeltes Experiment mit Lust und Gier

■ Im Labor den Urfaust ge ballt: Die freie Theater-gruppe „ars Invert“inszeniert Goethes Drama als Versuch

Im ersten Moment kommt einem die Vorstellung, Faust überhaupt noch einmal wieder auf der Bühne zu sehen, vielleicht nicht besonders spannend vor. Diese Geschichte um Tod und Teufel und den ewigen Kreislauf der Begierden – durch all die Schullektüren scheint sie auf immer und ewig lahmgelegt.

So kann, so muß es aber nicht sein. Jedenfalls verspricht die Premiere der freien Produktion Urfaust am Dienstag, dem 27. Mai in der Fabrik einen anderen und überraschenden Zugriff auf dieses bildungskanonische Stück der Theaterliteratur. Ungehemmt und nicht weniger ambitioniert will es das freie Theater ars Invert unter der Regie von Torsten Diehl mit dem Goethe-Stück aufnehmen.

Es ist eine Produktion, die sehr bewußt mit den eigenen theatralischen Mitteln und Möglichkeiten umgehen will. Ganz unterschiedliche künstlerische Ausdrucksformen sollen dabei an dem Bühnen-Ergebnis beteiligt werden. Einen zentralen Stellenwert übernimmt dabei die Musik.

Unter der Leitung von Yogi Jokusch werden elf Musiker (darunter acht Trommler der Gruppe Quinta Feira) das Geschehen auf der Bühne atmosphärisch begleiten und kommentieren und dabei selbst immer wie zum Teil der Ereignisse. Das der Bühnenraum (gestaltet von Dorothee Daphi) einer Arena gleichkommt, entspricht dem inszenatorischen Vorhaben, aus Goethes Drama ein Spektakel unterschiedlichster Künste zu machen. Quadratisch und als schicksalhafte Fläche ist der Zuschauerraum in die Mitte des Spielortes gesetzt.

Wenn Faust und Gretchen und Mephisto sich in ihrem Spiel um Lust und Habgier dann gegenseitig den Rang ablaufen, werden sie das auf provozierende Weise, also genau inmitten der Zuschauer tun.

Die ehrgeizige Inzenierung will nicht ordnungsgemäß einen Klassiker abliefern, sondern lieber unentwegt Irritation und Bewegung provozieren. Zum Beispiel über Filmsequenzen und Videobilder, die auf Monitoren für die Zuschauer als eine zusätzliche ästhetische Ebene sichtbar sind. Über die Länge der Aufführung hinweg soll der Betrachter auf diese Weise mit der Frage konfrontiert werden, was er eigentlich sieht, und welcher seiner verschiedenen Wahrnehmungen er Glauben schenken will.

Auch wenn das alles ein bißchen viel sein könnte – ein bißchen viel an Ausdruck und an künstlerischem Gestaltungswillen, ist es wahrscheinlich nur gerade eine solche dynamische Vorstellung von Theater- und Bildraum, in dem ein Stück wie der Urfaust noch einmal spannend und neu sein kann. Auf alle Fälle bewahrt sich in diesem Raum der Wunsch und die Fähigkeit zum Experiment.

Elisabeth Wagner

Premiere: 27. Mai, 20 Uhr, weitere Vorstellungen am 29.- 30. Mai, jeweils um 11 u. 20 Uhr, Fabrik

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