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Drei Fronten und die Abgeordneten

■ Anhörung in der Bürgerschaft über die Pläne für die volle Halbtagsgrundschule

Wenn ein Ausschuß der Bürgerschaft eine „öffentliche Anhörung“ veranstaltet, ist dies meist ein zähes Unterfangen. So auch am Donnerstag im Schulausschuß. Die Abgeordneten hatten sich 19 Fragen zur vollen Halbtagsgrundschule ausgedacht, die langweiligen zuerst, die spannenden zum Schluß. Die aufgebrachten Grundschullehrerinnen unter den rund 300 Zuhörern hielten sich nicht dran und machten ihrem Unmut unmittelbar Luft. Wohl auch in der irrigen Annahme, daß so eine Anhörung in einer Demokratie der Ort ist, um Fehlentscheidungen, gar „Katastrophen“, wie sie sagten, zu verhindern.

Das nämlich wäre es, schimpfte eine Altonaer Lehrerin, wenn die volle Halbtagsgrundschule ab dem nächsten Schuljahr unter den diktierten Bedingungen schrittweise eingeführt wird. Um die verbindliche Betreuung von 8 bis 13 Uhr zu gewährleisten, werden bisherige Förder- und Präventionsstunden gestrichen. Auch die versprochene Vertretungsreserve von 80 Stellen, kritisierten die Pädagoginnen, reiche niemals aus. Da zugleich die Horte für Schulkinder am Vormittag geschlossen werden, bleibe ihnen bei Krankheitsfällen nichts anderes übrig, als die Kinder „auf Teufel komm raus irgendwie zu verwahren“.

Bei ihr in der Klasse prügelten sich die Kinder, sagte eine Horner Lehrerin: „Da ist es kein Fortschritt, wenn sie dies künftig fünf statt drei Stunden tun“. Um vernünftigen Unterricht zu machen, brauche sie Teilungsstunden, Präventionsstunden, Gruppenräume, Spielecken und Material.

Die Bedingungen in Hamburg seien doch „beneidenswert gut“, hielten „Experten“ aus Hessen und Rheinland-Pfalz dem entgegen. In den beiden Ländern, wo es die „volle Halbtagsschule“ vereinzelt bereits gibt, sei gar keine kurzfristige Vertretungsreserve vorhanden. Dennoch würden die Pädagogen die fünf Vormittagsstunden niemals wieder hergeben wollen, um die pädagogischen Möglichkeiten zu nutzen. „Ich brauch die Zeit für meine Kinder, dafür bin ich bereit, jede Kröte zu schlucken“, pflichtete eine Lehrerin aus St. Georg bei.

Hinzu kommen die Konservativen: Mütter, und auch ein paar Väter, taten ihre Befürchtung kund, daß ihre Kinder durch den verlängerten Schulvormittag überfordert werden, schon gar, „wenn sie fünf Stunden mit schwierigen Kindern zusammen sind“. Eine Mutter kündigte sogar an, vors Hamburgische Verfassungsgericht zu ziehen, weil sie ihr im Grundgesetz verbrieftes Elternrecht mißachtet sieht.

Die Abgeordneten ließen das Gesagte vier Stunden lang stoisch über sich ergehen. Vermutlich wird das abgetippte Wortprotokoll nur ein weiteres Dokument sein, das in ihren Aktentaschen verstaubt. Der Hoffnung, die Bürgerschaft möge die Reform doch noch auf ein solideres Fundament stellen, steht eine vertrauliche Senatsdrucksache vom 24. April entgegen. Darin ist festgehalten, daß es eine „Budgetausweitung“ für die volle Halbtagsgrundschule nicht geben darf. Sollte die Vertretungsreserve nicht langen, so heißt es dort, soll auf die wenigen vier Teilungsstunden verzichtet werden. Kaija Kutter

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