Welch Donnerhall am Eichbaumsee

■ Und Bergedorf lebt doch: Am Freitag steigt das 17. „Wutzrock-Festival“

Wer in denjenigen Stadtteilen Hamburgs, in denen nach Ansicht der Eingeborenen und Naturalisierten „das Leben tobt“, nach seiner Herkunft gefragt wird, muß mit Häme rechnen. Allzu gerne belächelt nämlich nicht nur der St. Paulianer diejenigen, die das Schicksal mit einer Neubauwohnung in der Peripherie bestraft hat.

Synonym jener tristen Orte, deren Namensnennung mit einem höhnischen „schön, daß du darüber so offen sprechen kannst“ kommentiert wird, ist Bergedorf. Denn nach Ansicht des Berufs-Szeneasten wird Bergedorf, das er bisher selbstredend auch nur vom Hörensagen kennt, vom kulturellen und lifestyletechnischen Nichts regiert. Die „Szene“, Zentralorgan des mondänen Trendsetters, wußte es indes besser und widmete den geschmähten Randexistenzen Hamburgs im April ein „Bergedorf-special“ unter dem Motto „Die Vorstadt lebt“.

Wie recht das Blatt damit hat, wird sich am kommenden Wochenende erweisen, wenn die Provinz zum siebzehnten Mal vom Donnerhall des „Wutzrock“-Festivals erschüttert wird. Setting des irgendwie alternativen Musik-Spektakels ist der Allermöher Eichbaumsee, im Bezirk Bergedorf gelegen.

Offensichtlich war es die Intention der VeranstalterInnen, haarscharf an jedem szenigen Musikgeschmack vorbei für Heterogenität im Programm zu sorgen. Am Freitag wird die HipHop- und Dancefloor-Klientel mit Bands wie Big light oder Candy Dates bedient, während am Samstag bei den Goetzen und ihrem „deutschsprachigem Heavy-Rock“ die Haare fliegen. Am Sonntag geht es dann wieder gesitteter zu, wenn The Yeggmen (oh Göttin, aus Bergedorf) „Folk-Musik der sehr eigenen Art“ (Band-Info) darbieten.

Ideologisch gesehen ist das etablierte Festival übrigens absolut szenekompatibel. Faschisten sind explizit unerwünscht, der Eintritt ist frei – entsprechend dem Anspruch der VeranstalterInnen von Unser Haus e.V., ein „großes, unkommerzielles Musik-Festival“ zu organisieren.

Diejenigen, die im Zentrum der Stadt und des Lebens schlechthin stehen, ficht all dies aller Voraussicht nach überhaupt nicht an. Stattdessen zieht es den geneigten Zentrumsmenschen in den „Sternipark“ oder irgendwohin, wo er vom Kirchentag möglichst wenig sehen muß. Christoph Ruf