: Maulkorb für Bremer Studenten?
■ Bremer Student klagt gegen politisches Mandant / In Münster ist Politik für den AstA jetzt Tabuthema
Ob Castor-Transport oder der Tod eines 16jährigen Kurden, der in Hannover von einem Polizisten erschossen wurde, – der Allgemeine Studentenausschuß (AstA) der Universität Bremen hat in politischen Diskussionen bisher kein Blatt vor dem Mund genommen. Jetzt will der Student Jan Schuhmann seinen Studentenvertretern per Gerichtsentscheid das Wort verbieten. Im Dezember hat Schuhmann Klage beim Bremer Verwaltungsgericht eingereicht. Außerdem ist ein Eilverfahren anhängig, bei dem in Kürze mit einer Entscheidung gerechnet wird.
Um sich gegen den drohenden „Maulkorberlaß“zu wehren, haben die Vertreter des Asta jetzt ein Komitee für unzensierte studentische Politik und freie Presse gegründet. „Wir lassen uns den Mund nicht verbieten“, sagt Lars Christian Wiechert, Vorstandsmitglied des AstA. „Es ist das Recht und die Pflicht des AstA sich zu allgemeinpolitischen Themen zu äußern.“
Ob Wiechert mit dieser Einschätzung recht hat, ist strittig: Laut § 45 des Bremer Hochschulgesetzes soll die Studentenschaft „die Belange der Stutenden in Hochschule und Gesellschaft“wahrnehmen, um „die Verwirklichung der Ziele und Aufgaben der Hochschule zu fördern. Nur in diesem Sinne nimmt sie in Namen der Mitglieder ein politisches Mandat wahr.“
Im April hat das Verwaltungsgericht dem AstA der Universität Münster verboten, sich politisch zu äußern. Wenn die Bremer Richter dieser Argumentation folgen, sind Themen, wie der Castor-Transport künfig für den AstA tabu. Schuhmann schielt mit seiner Klage auf die Kasse der Studenten. Rund 18.000 Studenten studieren derzeit an der Universität in Bremen. Mit ihrer Rückmeldung zahlen sie pro Semester 15 Mark an den AstA (rund 540.000 Mark jährlich). „Es kann nicht angehen, daß von Studentenbeiträgen die allgemeinpolitischen Interessen einer Minderheit finanziert werden“, sagte Schuhmann gegenüber dem Stadtmagazin Bremer. Die Finanzgebaren des AstA hatten in der Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Knapp 20.000 Mark gaben die Studentvertreter 1994 allein für Reisekosten aus (taz 1.2.96). Das ist für die Universität aber kein Grund, die Studenten an die Leine zu nehmen. „Uns liegt an einem selbstverwalteten und eigenverantwortlichen AstA“, betonte Uni-Sprecher Eberhard Scholz. Für den Fall, daß Schuhmann mit seiner Klage Erfolg haben sollte, kündigte er Berufung an. Auch die Anwältin des AstA, Marion Küstner, ist zuversichtlich, daß die Bremer Richter dem AstA keinen Maulkorb umlegen. „Das Bremer Hochschulgesetz ist viel weiter gefaßt, als das in Nordrhein-Westfalen. Hier haben die Studenten ein politisches Mandat.“ kes
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