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Das Mobutu-Regime zerstreut sich in alle Winde

■ Vom Exil in Togo aus sucht Mobutu einen Ruheort. Sein Sohn ist in Brazzaville, sein Generalstabschef ist tot, sein Premierminister wurde von Frankreich gerettet

Der letzte Präsident von Zaire, Mobutu Sese Seko, befindet sich derzeit in Togo, in der Residenz seines Freundes und dortigen Präsidenten Gnassingbe Eyadema. Togo ist wohl nur eine Zwischenstation auf einem Weg ins Exil, der noch zu einer Odyssee werden könnte. Am Freitag war Mobutu aus Kinshasa in sein Geburtsdorf Gbadolite geflogen. Dort hob er in der Nacht zum Sonntag in einem Frachtflugzeug wieder ab – angeblich unter Beschuß der AFDL- Truppen – und flog nach Togo. Als mögliche Orte für ein endgültiges Exil wurden Ägypten, Marokko und Frankreich genannt.

Zwischenzeitlich hieß es, Mobutu wolle zunächst nach Liechtenstein fliegen, um dort den Ausgang der französischen Wahlen am nächsten Sonntag abzuwarten. Die Regierung Liechtensteins sagte, sie würde ihn nicht hineinlassen. Dann war davon die Rede, Marokko gewähre dem Ex-Diktator „provisorisch“ Asyl – einer Quelle zufolge war er sogar schon da, aber das wurde dann wieder dementiert. Seine Vermögenswerte in der Schweiz wurden inzwischen gesperrt.

Mobutus Sohn Kongolo, ein hochrangiger Offizier, floh am Samstag mit seiner Familie und 30 Leibwächtern über den Fluß nach Brazzaville, Hauptstadt des Nachbarlandes Republik Kongo. Er sollte dort von einem Flugzeug, das sein Vater organisiert hatte, nach Gabun gebracht werden, aber die Luftfahrtbehörden Gabuns verweigerten die Landeerlaubnis, und er mußte zurückfliegen.

Gerüchten zufolge hatte er vor seiner Flucht in Kinshasa die Hinrichtung des prominentesten Opfers des Machtwechsels organisiert: Generalstabschef General Mahele Lieko Bokungu, der Mobutu am Donnerstag erklärt hatte, Kinshasa nicht mehr gegen die Rebellen verteidigen zu wollen, und vorhatte, die Stadt kampflos zu übergeben. Mobutus Armee verdächtigte ihn daraufhin, heimlich mit Kabila zusammenzuarbeiten. Ein einfacher Soldat brachte General Mahele in der Nacht zum Samstag bei einem Militärtreffen in einer Kaserne um.

In Zivil ins Boot und dann über den Fluß

Mahele würde wohl noch leben, wäre er dem Beispiel des Kommandeurs der Präsidialgarde gefolgt, General Nzimbi Ngbale. Der setzte sich schon am Freitag in Zivilkleidung mit zehn anderen verkleideten Soldaten in ein Schnellboot und floh nach Brazzaville. Nur knapp kam dagegen Mobutus letzter Premierminister davon, General Likulia Bolongo, der am Samstag flüchtete, als die Rebellen schon in der Stadt standen und Regierungssoldaten mit dem Plündern begonnen hatten. Wenige Minuten nachdem er getönt hatte, „bis zum Ende“ kämpfen zu wollen, stieg er bei der Residenz des französischen Botschafters am Flußufer in ein Boot und fuhr auf eine Insel, wo ihn ein französischer Militärhubschrauber abholte und nach Brazzaville in Sicherheit brachte.

Offenbar war der Ex-Premier zurückgelassen worden, als andere hochrangige Mitglieder seines Kabinetts ins Exil nach Togo flogen: Außenminister Kamanda wa Kamanda, Innenminister Ilunga Shamanga und Sonderberater Honoré Ngbanda, ein Neffe Mobutus, der ihn bei Friedensgesprächen in Südafrika vertreten hatte. D.J.

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