: Sonnentrance im Unausweichlichen
■ „Illtown“von Nick Gomez steht zur Entdeckung im Metropolis frei – einen Bundesstart hat noch keiner seiner Filme erlebt
Einen Film von Nick Gomez in einem deutschen Kino zu sehen, ist eigentlich Festivalbesuchern vorbehalten, denn einen Bundesstart hat noch keiner seiner Filme erlebt. Entsprechend unbekannt ist der amerikanische Independent-Regisseur bei uns – außer man hat ihn sich als Cutter von beispielsweise Hal Hartley gemerkt. Eine echte Gelegenheit ist es also, seinen neuen Film Illtown im Metropolis zu entdecken.
Illtown handelt von dem Dealer Dante, der in Miami mit seiner Frau Mickey (Lily Taylor) ein ziemlich ruhiges Leben führt. Die Geschäfte laufen gut, gemeinsam mit seinem Freund Cisco (Kevin Corrigan) kontrolliert er einen Teil des Drogenmarktes. Nur verliert Dante immer mehr die Lust am Geschäft, interessiert sich vornehmlich für das Familienleben und für das Golfspielen. Folglich hat er den Ausstieg im Auge, aber der gestaltet sich, wie es sich für einen Thriller gehört, schwieriger als erhofft.
Gabriel, ein früherer Partner, von Dante einst verraten, taucht auf und hat einzig Rache im Sinn. Er rekrutiert einige von Dantes Zwischenhändlern und bringt unsauberen Stoff unter die Junkies. Dante gerät in Verruf und ergreift Gegenmaßnahmen, was erwartungsgemäß zu einem blutigen Scharmützel führt.
Aus diesem Stoff macht Gomez nun einen feinen, fast surrealistischen Film. Die ständig scheinende Sonne scheint die Bilder zu lähmen, die Figuren handeln alle wie in einer leichten Trance, die Handlungslogik scheint ein ums andere Mal unterbrochen. Man fühlt sich wie in einem Rausch gefangen, in dem man hilflos dem unausweichlichen Geschehen folgt.
Zudem flicht Gomez mythologische Anspielungen ein, die der Film in seiner schwebenden Art mühelos integriert, teils ironisiert. Dante steht zu Beginn vor einem unfreiwilligen Gang in die Hölle (die mitten im sonnigen Florida liegt), und Gabriel steigt als charmant-grausamer Engel auf die Erde herab, um nicht nur das Grauen zu verkünden, sondern auch eigenhändig zu befördern. Am Ende steht eine große Leere, aber dem guten Wetter tut das keinen Abbruch – die Sonne scheint auch weiterhin golden auf die trägen Hügel des grün, so grünen Golfplatzes. Sven Sonne
Heute und Freitag, Metropolis, 21.15 Uhr
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