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„Mal Lülala für die Kinder gemacht“

Kinder-Visum: Kein Ansturm auf Feuerwachen; lange Schlange in Amsinckstraße  ■ Von Silke Mertins

Reinhard Bade lehnt am Absperrgitter und ist stolz. In nur vier Tagen hat die Altonaer Feuerwehrwache in der Mörkenstraße eine neue Außenstelle der Ausländerbehörde auf die Beine gestellt. „Das ist eben die Feuerwehr“, grinste gestern vormittag Wachführer Bade. Sogar frisch gestrichen haben sie den Raum, in dem nun vier SachbearbeiterInnen die Kindervisum-Anträge entgegennehmen. „Bei Regen“, sagt Bade, „können sich die Leute dort hinten unterstellen.“

Für die Kinder gab es gestern Bonbons und Luftballons. „Und morgens haben wir denen die Feuerwehrautos gezeigt und Lülala gemacht.“Feuerwehrmann Bade und seine Truppe scheinen entschlossen, etwas von dem wiedergutzumachen, was die Ausländerbehörde an Demütigung angerichtet hat.

„Tiere werden besser behandelt“, sagt eine junge Frau, an jeder Hand ein Kind. Zwei Nächte lang ist ihr Mann in der Endlosschlange vor der Behörde in der Amsinckstraße gestanden – er kam nicht dran. Eigentlich sieht sie nicht ein, warum ihre hier geborenen Kinder überhaupt ein Visum brauchen.

Gestern mußte die Mutter immerhin „nur“zwei Stunden für die bürokratische Schikane aus dem Hause Kanther anstehen: Wegen der immer größer werdenden Negativschlagzeilen hat Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) am vergangenen Donnerstag die Notbremse gezogen und provisorische Kindervisum-Abteilungen auf fünf Feuerwehrwachen angeordnet.

Der Andrang gestern hielt sich allerdings in Grenzen, die Schlange war nie länger als ein paar Meter. „Ich gehe aber davon aus, daß viele Betroffene das noch nicht mitbekommen haben“, sagt Bade. Zu den anderen Feuerwachen, etwa in Harburg, kamen sogar nur einige Dutzend AntragstellerInnen. Das jedenfalls berichtete Kai Croppenstedt, der Büroleiter des Innensenators, als er in der Mörkenstraße vorbeischaute, um den Stand der Dinge zu begutachten. Croppenstedt wurde für diese „Sofortmaßnahmen“abgestellt. Alles in allem sei er „sehr zufrieden“, sagte er. 456 Anträge sind gestern auf den Feuerwehrwachen bearbeitet worden.

Die Schlange vor der Ausländerbehörde aber, das hat Wachführer Bade auf dem Weg zur Arbeit gesehen, „war bestimmt 600 Meter lang“. Keine Entspannung also? „Doch“, meint Croppenstedt. Die Schlange sei eindeutig „etwas kürzer“gewesen. Wenn statt 1000 Menschen nur noch 750 vor der Ausländerbehörde anstehen, sei das eine Entlastung und damit „ein dolles Ergebnis“. Schließlich gehe es darum, wieder „alte Zustände“zu erreichen. Die waren nur in Nuancen besser als das Chaos letzte Woche. „Das grundsätzliche Problem mit der Schlange“, räumt Croppenstedt ein, „ist nicht gelöst.“

Kindervisum-Außenstellen, täglich 8 bis 15 Uhr: Altona, Mörkenstraße 36; Wilhelmsburg, Rothenhäuser Str. 73; Harburg, Großmoorbogen 8; Berliner Tor, Westfalensweg 1; Billstedt, Wöhlerstr. 28.

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