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Sesselrücken in der Deutschen Bank

Hilmar Kopper übergibt seinen Vorstandsvorsitz in der Deutschen Bank an den Investmentbanker Rolf Breuer. Trotz Skandalen und Rückschlägen weist die Bank Rekorde auf  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt/Main (taz) – „Mister Finanzplatz“ heißt Rolf E. Breuer, seit gestern Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank AG, in Bankerkreisen. Und diesen Titel trägt der 59jährige Wertpapierfachmann, der glaubt, daß im Investmentbanking die Zukunft des Konzerns liege, mit Stolz. Unter die Top ten des internationalen Inverstmentbankings will er die Deutsche Bank bis zur Jahrtausendwende bringen.

Handel und Wandel bei der Deutschen Bank: das klassische Bankgeschäft pflegen und darüber hinaus den Handel mit Unternehmensanteilen ausbauen, Unternehmen und Konzerne bei Börsengängen begleiten und Fremdvermögen verwalten. Dafür steht Breuer. Und die Klein- und Großaktionäre, die sich gestern durch die Marmorhallen in einem der beiden spiegelverglasten Zwillingstürme der Deutschen Bank drängten, hoffen auf noch mehr Shareholder-Value-Philosophie im Vorstand.

Der Neue verantwortet den DMG-Skandal

Ein Betriebsergebnis von 900 Millionen Mark hat der Bereich Investmentbanking der Deutschen Bank respektive ihrer Investmentbanking-Tochter Deutsche Morgan Grenfell (DMG) in London im vergangenen Jahr bereits eingebracht. Doch dem Gewinn stehen Kosten von 1,2 Milliarden Mark gegenüber, die von der Deutschen Bank nach dem Fondsskandal bei der Deutschen Morgan Grenfell in London übernommen werden mußten. Die Schlappe hat Breuer, der bislang im Vorstand für den Bereich Wertpapiere zuständig war, zu verantworten.

Auch die Beteiligungen der Deutschen Bank an Industrieunternehmen und die Einflußnahme auf deren Politik bereiteten dem Vorstand und den Aktionären nicht nur Freude. Dem Zusammenbruch der Metallgesellschaft 1993 folgten die Schneider-Pleite und die Turbulenzen bei Procedo.

Und auch der letzte Versuch, den nationalen Investmentbanker zu spielen und Industrieunternehmen gegeneinander auszuspielen, ging daneben. In England und in den USA amüsierte man sich über den von der Deutschen Bank mit eingefädelten Versuch von Krupp-Hoesch, die Stahlsparte von Thyssen zu übernehmen. In Deutschland brachten die zynischen Sprüche, mit denen Breuer die öffentlich geäußerten Ängste der Arbeiter von Krupp-Hoesch und Thyssen konterte, der Deutschen Bank einen weiteren Imageverlust ein.

Wegen des „unglaublichen und den Firmenruf schädigenden Verhaltens“ in diesem Fall und bei der Metallgesellschaft beantragte der kritische Einzelaktionär Eduard Bernhard auf der Hauptversammlung die Nichtentlastung des Vorstandes. Ein Antrag, der die überwiegende Mehrheit der Aktionäre, deren Depotstimmrecht vielfach die Deutsche Bank als Fondsverwalter selbst wahrnahm, ebensowenig beeindruckte wie die Demonstration der „Initiative Ordensleute für den Frieden“. Die Ordensleute setzen sich für einen Schuldenerlaß für die Dritte Welt ein.

Der scheidende Vorstandsvorsitzende Hilmar Kopper hatte zuvor für das erste Quartal 1997 eine neue Rekordbilanz vorgelegt. Der Gewinn vor Steuern stieg im Vergleich mit dem ersten Quartal des Vorjahres um 28 Prozent auf 1,3 Milliarden Mark. Das Betriebsergebnis nach Risikovorsorge kletterte um 21 Prozent auf 1,4 Milliarden Mark. In Erwartung einer noch höheren Dividende als in diesem Jahr applaudierten die Aktionäre – und buhten die kritischen Aktionäre aus.

Siehe Portrait Seite 11

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