„Da bin ich absolut dagegen“

■ Der einzige deutsche Europa-Richter, Günther Hirsch, spricht sich strikt gegen eine Frauenquote am Europäischen Gerichtshof aus

Jeder EU-Mitgliedsstaat darf genau einen Richter an den Europäischen Gerichtshof entsenden. Seit zweieinhalb Jahren amtiert als deutscher Richter in Luxemburg der 54jährige Jurist Günther Hirsch. Seine Vergangenheit: zwölf Jahre Tätigkeit im bayerischen Justizministerium, anschließend Aufbau des Oberlandesgerichts und des Landesverfassungsgerichts in Sachsen – jeweils als Präsident. Zum EuGH-Richter wird man in Deutschland auf Beschluß der Bundesregierung.

taz: An den Urteilen zu Frauenquoten sind am Europäischen Gerichtshof (EuGH) bisher nur Männer beteiligt. Gab es am EuGH überhaupt schon einmal eine Richterin?

Hirsch: Es gab mal eine Generalanwältin, eine Richterin hatten wir noch nie. Derzeit sind wir 24 Männer: 15 Richter und 9 Generalanwälte.

Und das soll so bleiben?

Ich persönlich würde es begrüßen, wenn auch Richterinnen am EuGH tätig wären. Nicht nur wegen der Optik. Es erweitert ja auch die Argumentationsbreite. Natürlich hat jeder von uns Richtern vor dem Urteil über die Bremer Quote mit Frauen gesprochen, aber es wäre doch etwas anderes, wenn eine Richterin mit am Beratungstisch säße. Ansonsten bin ich der Auffassung, daß Männer in speziellen Frauenfragen mitunter mindestens so sensibel sind wie Frauen – gerade weil sie den Vorwurf fürchten, daß sie geschlechtsspezifisch urteilen.

Was halten Sie von dem Vorschlag, am Europäischen Gerichtshof die Richtersitze zu quotieren? Von selbst hat sich dort ja in den letzten vierzig Jahren offensichtlich kaum etwas bewegt.

Gibt es diesen Vorschlag wirklich?

Ja, dies wird bei SPD- und bündnisgrünen Frauen diskutiert.

Also da bin ich absolut dagegen. Das würde doch die Differenzierung der Geschlechter offenkundig machen. Auch praktisch ist so etwas bei einem internationalen Gericht gar nicht möglich. Wenn drei neue Richterstellen zu besetzen sind, welcher Staat muß dann die Frau vorschlagen? Das kann man doch nicht verbindlich vorschreiben.

So wie es derzeit aussieht, müßten alle Staaten Frauen vorschlagen ...

...Etwas anderes wäre es, als Zielvorstellung eine ausgewogene Mitwirkung von Frauen und Männern an sämtlichen Entscheidungsprozessen der Gemeinschaft festzuschreiben – einschließlich deren am Gerichtshof. Dies wäre sehr sinnvoll. Am Gericht erster Instanz, das dem EuGH beigeordnet ist, arbeiten übrigens schon jetzt zwei Richterinnen aus Schweden und Finnland. Interview: Christian Rath